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Hurtigruten Tag 7: Batsfjord - Vardö - Vadsö - Kirkenes - Vardö - Berlevag

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Heute erreicht die Hurtigrute ihren Wendepunkt. Der 7. Tag hat zwischen Berlevag und Batsfjord begonnen. Vardö ist das nächste Ziel. Die Stadt schläft noch, nur am Hurtigrutenkai sind die Gabelstapler aktiv. Auch an Bord des Schiffes ist es noch ruhig. Nur wenige werden an der Reling stehen, wenn das Schiff Vardö mit nunmehr südlichem Kurs verlässt.

Mit Vardö hat der Schnelldampfer seine östlichste Position erreicht. Der östlichste Punkt Norwegens liegt gegenüber der Stadt auf der Insel Hornöya, bei 31° 10' 10'' östlicher Länge, also noch weiter im Osten als Istanbul oder Kairo. Der westlichste Punkt des Landes liegt ungefähr auf dem Längengrad von Amsterdam. Dieser Hinweis soll verdeutlichen, dass die Hurtigrute auch in Richtung Osten ein ordentliches Streckenpensum zu erledigen hat.

Karte Kirkenes

Nächster Hafen ist Vadsö. Vadsö liegt auf der Nordseite des 95 km langen Varangerfjordes und ist mit seinen 6.000 Einwohnern das Verwaltungszentrum der Finnmark. Die alte Fischersiedlung lag einst auf der kleinen Insel Vadsöya. 1717 wurde von dort die Kirche auf das gegenüberliegende Festland verlegt. In deren unmittelbaren Umgebung entstand bald eine neue Siedlung, die 1833 Stadtrechte erwarb. Natürlich ist auch hier die Wirtschaft eng mit der Fischerei verknüpft, aber auch die Landwirtschaft leistet mit zahlreichen Höfen ihren Beitrag. Erstaunlich für diese hohen Breitengrade.

Auch die Insel Vadsöya erwachte in den letzten Jahren wieder aus ihrem Dornröschenschlaf. Es gibt fischverarbeitende Industrie, sowie einen Tiefwasserhafen, in dem auch die Hurtigrute festmacht. Der Aufenthalt in Vadsö ist nur kurz, Sehenswürdigkeiten kann man höchsten mit dem Fernglas von Bord aus "besichtigen". Zum Beispiel die Kirche aus dem Jahr 1958 mit ihrem architektonisch eigenwilligen Doppelturm und der Ankermast, den 1926 Roald Amundsens Luftschiff "Norge" und 1928 Umberto Nobiles "Italia" für ihre Fahrten über die Arktis nutzten.

MS Vesteralen bei der Einfahrt in den Hafen von Vadsö

Entlang des flachen Küstenstreifens der Varangerhalbinsel zwischen Vardö, Vadsö und dem Ende des Fjordes reihen sich zahlreiche kleine Fischeransiedlungen aneinander. Hier leben hauptsächlich Norweger finnischen Ursprungs. Auf Grund einer Hungersnot in Finnland im 19. Jahrhundert besiedelten finnische Bürger diese fischreiche Küstenregion. Im Jahre 1875 waren zwei Drittel der Einwohner finnischsprachig.

Der weitere Weg der Hurtigrute führt über das breite Mündungsgebiet des Varangerfjordes in den schmalen Bökfjord, an dessen Ende schon bald Kirkenes, der Wendepunkt dieser Reise erreicht wird. Man befindet sich in etwa wieder auf der geographischen Breite von Tromsö.

Die 1. Hälfte der Reise ist zu Ende! Aber wir begegnen dieser Tatsache mit Optimismus: Das Glas ist nicht halb leer, sondern noch halb voll. Und der verbliebene Inhalt schmeckt mit jedem Schluck besser; Wenn das Schiff Kirkenes verlässt, liegen noch 121 faszinierende Stunden vor den Passagieren.

Kirkenes als Stadt ist für den Hurtigrutenpassagier nicht unbedingt das große Ereignis. Im Zweiten Weltkrieg wie viele norwegischen Küstenorte vollkommen zerstört, halten sich seine Sehenswürdigkeiten in Grenzen. Am ehesten hat man hier die Möglichkeit sich bei einem Einkaufsbummel mit jeder Art von Reiseandenken einzudecken, von Kitsch bis Kunst ist in der Fußgängerzone alles zu haben. Etwa 20 Fußminuten benötigt man ins Zentrum.

Russischer Trawler im Hafen von Kirkenes MS Nordlys im Hafen von Kirkenes

Mit den umliegenden Dörfern zählt die Stadt heute 6.000 Einwohner; Auch hier waren es finnische Siedler, die um 1870 zunächst im waldreichen Pasviktal siedelten. Der gleichnamigen Fluss bildet - 15 km entfernt - die Grenze zu Russland. Während des Kalten Krieges ein unüberwindliches Hindernis. Seit 1992 existiert ein offizieller Übergang und der Grenzverkehr ist nahezu explodiert. Ein wirtschaftlicher Glücksfall für die Stadt. Die beiden wichtigsten norwegischen Städte Oslo und Bergen liegen über 2.500 Kilometer entfernt, Murmansk aber nur schlappe 200. Dank der offenen Grenze hat die Ostfinnmark nun wieder ein Hinterland. Der Handel mit dem Osten, der auf eine lange Tradition an der Eismeerküste zurückblicken kann, aber 1917 durch die Oktoberrevolution jäh unterbrochen wurde, hat jetzt wieder eine Zukunft.

Für die Passagiere der Hurtigruten wird das ganze Jahr über eine Grenzfahrt angeboten. Diese Fahrt führt zunächst durch das Zentrum der Stadt, dann geht es Richtung russische Grenze wo der Grenzfluss Pasvik überquert wird. Im Winter wird ein weiterer Grenzausflug unter dem Namen "Barents Safari" angeboten. Mit Schneemobil und Schlitten erkundet man die Grenze. In einem samischen Zelt wird ein Gericht aus lokalen Köstlichkeiten serviert. So steht es zumindest im offiziellen Hurtigrutenprospekt.

Auf dem Weg von Kirkenes nach Vardö. Im Mündungsbereich des Varangerfjordes bleibt der Schnelldampfer auf Distanz zur Küste. Entlang der verschneiten Finnmarkküste. Wetter wie auf einer Mittelmeerkreuzfahrt, nur ein bisschen kälter!

Um 13:30 Uhr macht sich der Schnelldampfer wieder auf den Weg. Das Schiff bleibt bis kurz vor Vardö auf Distanz zur Küste, die Ausblicke sind unspektakulär; Rückt die Küste näher, dann sichtet man backbords bald die Insel Vardöya. Kurze Zeit später ist der Hafen von Vardö, der östlichsten Stadt des Landes, zum zweiten Mal an diesem Tag erreicht.

Im Zweiten Weltkrieg wurden zwei Drittel der Häuser auf der Vardöya in Schutt und Asche gelegt, deshalb gab es Pläne, Vardö auf des Festland zu verlegen. Dann wurde die Stadt aber doch wieder an der alten Stelle aufgebaut. Der alte Traum, Vardö mit dem Festland zu verbinden, wurde 1982 mit dem ersten Meerestunnel Norwegens zur Wirklichkeit. Der fast drei Kilometer lange Tunnel erreicht 88 m unter der Wasseroberfläche seinen tiefsten Punkt.

Unbestrittene Attraktion des 3.000 Seelen Ortes ist sicherlich die von 1734 bis 1738 erbaute Festung Vardöhus. Aufgebaut als achteckige Sternschanze mit vier Bastionen und 10 Geschützen, ist sie wohl die einzige Festung der Welt von der nie ein Schuss für kriegerische Zwecke abgegeben wurde. Wenn aber am 21. Januar, nach 59 Tagen Dunkelheit, die Sonne wieder am Horizont erscheint, ertönen von der Festung Salutschüsse. Dann haben die Kinder schulfrei und alles freut sich auf die Zeit der hellen Nächte. Jeden Tag bleibt die Sonne etwas länger über dem Horizont, bis sie dann vom 16. Mai bis zum 29. Juli nicht mehr untergeht - 74 Tage lang. Vom Hurtigrutenkai ist die Festung in etwa 10 Fußminuten zu erreichen.

In der Stadt wurde dem Polarforscher Friedjof Nansen ein Denkmal errichtet. Dies aus gutem Grund, denn hier in Vardö kehrten Nansen und sein Begleiter Johannsen am 13. August 1896 zurück in die Heimat, nachdem sie am 14. März 1895 auf der berühmten Driftexpedition die "Fram" verlassen hatten, um mit Hundeschlitten zum Nordpol vorzudringen. Den Pol zu erreichen war den beiden Männern leider nicht vergönnt. Ihr 17 Monate dauernder Marsch gleicht aber einer wahren Odysee, die Nansen in seinem berühmten Buch "In Nacht und Eis" beschreibt. Auf Grund seines Lebenswerkes ist der 1861 geborene Nansen zweifellos einer der grössten Norweger der Geschichte.

Schon als Student fiel der lange Bursche mit seinen trotzigen blauen Augen und dem wirren Blondhaar auf, wenn er durch Bergen eilte. Ein Einzelgänger der bald die widrigsten Winkel der Welt erobern sollte. Ein Abenteurer und Pionier der Polarforschung. Seine Expeditionen waren tollkühn, aber bis in jedes Detail berechnet und geplant. Nansen setzte Maßstäbe als Forscher. Im Vordergrund stand nicht der Ruhm, sondern die Wissenschaft. Hierin unterscheidet er sich elementar von Amundsen.

Hafenansicht von Vardö Rushhour in den Straßen von Vardö Festung Vardöhus Alte Gebäude am Hafen von Vardö und die neue Kirche von 1958. Das alte Gotteshaus und 2/3 der Stadt wurden 1944 zerstört.

Dann kam der Erste Weltkrieg mit all seinen Schrecken. Millionen sind gefallen, Millionen sind vertrieben, Millionen sind am verhungern. Damit beginnt für den Mann, der dazu auserkoren schien im wahrsten Sinne des Wortes die weißen Flecken der Erde zu erforschen, das Abenteuer der Menschlichkeit.

Als Hochkommissar des Völkerbundes organisiert er Hilfe für 20 Millionen Menschen, die in Russland und Sibirien zu verhungern drohten, sorgt dafür, dass dem entwurzelten Rest des armenischen Volkes eine neue Heimat zugewiesen wurde, und organisiert die Rückführung von abertausend über Europa und Asien verstreuter Kriegsgefangenen. Initiiert für Flüchtlinge und Heimatvertriebene den nach ihm benannten Nansen - Pass. Ohne diese amtliche Identität gab es kein Bleiberecht, keine Arbeit, kein menschenwürdiges Leben. Großtaten, die 1922 mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt wurden. Vor dem Jahrhundertwechsel, 70 Jahre nach seinem Tod, wählen die Norweger Fridtjof Nansen zum Mann des Jahrhunderts.

Ein Denkmal ganz anderer Art befindet sich in Berlevag, dem letzten Hafen des Tages. Hier wurde ein ordinärer Betonklotz - ein sogenannter Tetrapode - auf den Sockel gehoben. Dieser Tetrapode symbolisiert den Sieg der Einwohner von Berlevag über das Meer. Es dauerte drei Generationen bis dieser Sieg errungen war.

Schwere Stürme an der Küste zerstörten immer wieder die ungeschützten Hafenanlagen und einen großen Teil der Fischereiflotte des Ortes. Man begann mit dem Bau einer vermeintlich sturmsicheren Hafenanlage. 20 Tonnen schwere Steinblöcke wurden aus dem Fels gesprengt und mit einer speziell für diese Arbeit gebaute Eisenbahn zum Hafen gebracht. Doch wieder rissen Stürme die Kaianlagen fort, die tonnenschweren Blöcke hielten dem tobenden Eismeer nicht stand. 1959 wurden 90 m der Mole vom Meer fortgerissen. Das Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit war zerstört und Berlevag wieder ohne geschützten Hafen.

Nun wurden aus Frankreich diese fünfarmigen, 15 Tonnen schweren Betonklötze antransportiert. 1973 war die Hafenmole fertig und hielt seitdem stand. Je heftiger das Meer tobt und gegen die Tetrapoten drückt, um so mehr verkeilen sich ihre Arme ineinander; Nun hatte der heute 1.300 Einwohner zählende Ort also einen geschützten Hafen, aber immer noch kein Hurtigrutenkai. Die Hurtigrute ankerte nach wie vor weit draußen vor dem Hafen, eine Schute nahm Passagiere und Fracht an Bord. Bei schlechtem Wetter ein abenteuerliches Unternehmen.

Doch dann war, wenige Jahre nach Fertigstellung der Mole, auch dieses Problem gelöst. Nach Jahrzehnte langem Einsatz wurde die Schute an Land gezogen, und um sie herum ein Museum erbaut. Diese Geste verdeutlicht, wie wichtig die Verbindung mit der Außenwelt über die Hurtigrutenschiffe für die kleinen Orte im hohen Norden war, als es noch kein ausgebautes Straßennetz und keine regionalen Flugplätze gab. Mit diesen Gedanken verlassen wir Berlevag. Der 7. Hurtigrutentag geht zu Ende. Freuen wir uns auf die herrliche Küstenlandschaft des nächsten Tages und auf die nördlichste Stadt der Welt.

Manfreds Reisetagebuch

Montag, den 09. März 1992

Ein beschaulicher Tag. Den Morgen verbringen wir meist im warmen Panoramasalon. Draußen ist es lausig kalt. In Kirkenes kommt die Sonne durch, was aber nichts an der Temperatur ändert. Heute muss man sich wirklich dick einpacken. Auf dem Weg ins Zentrum knirscht der Schnee unter den Füßen. Hat man die Stadt nicht gesehen, dann hat man nicht besonders viel versäumt.

Wir legen pünktlich ab. Wolkenloser Himmel wie auf einer Mittelmeerkreuzfahrt. Ich schnappe mir meinen Schlafsack (jetzt weiß ich wenigstens warum ich den mitgenommen habe) und lege mich dick eingemummelt und windgeschützt in einen Liegestuhl. Drei junge Leute, die seit Bodö mit an Bord sind und morgen in Tromsö das Schiff wieder verlassen, gesellen sich zu mir. Die ferne Küste haben wir im Blick. Weichgeschwungen fehlt es ihr zwar an zackigen Bergspitzen, aber tief verschneit bietet sie vor dem Hintergrund eines blauen Himmels ein schönes und beruhigendes Bild. So dann und wann döse ich sogar ein.

Am Abend wieder eine Veranstaltung mit Chris. Es geht um die wirtschaftliche Situation Norwegens, das Öl und das Für und Wider eines Beitrittes zur EU. Ein weiteres Thema war der Straßen-, Brücken- und Tunnelbau. Eine Kombination, die helfen soll, die Infrastruktur des Landes zu verbessern und der Landflucht Einhalt zu gebieten. Was die Landflucht anbetrifft, so ist der Schuss teilweise aber nach hinten los gegangen. Viele haben die neuen Verbindungen dazu genutzt, so schnell wie möglich das Weite zu suchen. In diesem Zusammenhang auch die Probleme der Landwirtschaft und wie man versucht die Menschen auf ihren Höfen zu halten. Es werden "Springer" eingesetzt, die es den Familien auf den Höfen erlauben einmal in der Woche einen freien Tag zu genießen und einmal im Jahr richtig Urlaub zu machen.

Zum Abschluss wieder eine lustige Trollgeschichte, die Schwedenwitze dürfen natürlich auch nicht fehlen. Als wir uns gerade aufs Ohr legen wollen, Lautsprecherdurchsage von der Brücke: Nordlicht! Wie der Blitz sind wir an Deck, aber das Nordlicht kommt nicht so richtig in Schwung. Nur dürftig ziehen graue Schleier über den Himmel. Schade!

Dienstag, den 10. September 1996

In Vardö ist eine Gruppe russischer Musikanten und Sänger an Bord gekommen. Sie geben nach dem Frühstück, angetan mit schönen Trachten, für die Passagiere ein kleines Konzert. In Kirkenes gehen sie wieder von Bord.

Während die rheinischen Frohnaturen an der Busfahrt zur Grenze teilnehmen, machen wir vier einen Abstecher in die Stadt. Die Frauen wollen bummeln. Ich kann weder dem Bummel, noch der Stadt etwas abgewinnen. Kirkenes ist nicht mein Fall; Es tröstet mich, dass der Ausflug zur Grenze offensichtlich auch nicht das große Ereignis war. Aber vielleicht liegt es nur am trüben Wetter. Es regnet zwar nicht, aber irgendwie ist es ungemütlich. Einige Passagiere haben das Schiff verlassen und treten per Flieger den Heimweg an, für andere geht es mit dem Mietwagen wieder in Richtung Süden.

In Vardö angekommen, weist uns ein Führer in historischer Uniform den Weg zur Festung. Ein steinerner Soldat, ein Riese, empfängt uns vor dem Tor. Die erste Attraktion in den Mauern der Festung ist ein Vogelbeerbaum, der einzige Baum auf Vardöya. Mit blumigen Worten und voller Stolz berichtet unser Führer über diesen Baum. Er ist wohl der meist behütete Baum in ganz Norwegen. Zum Schutz gegen Frost wird er im Oktober in einen Bretterverschlag gehüllt. Dann Führung durch das Museum auf dem Gelände der Festung. Hier widmet man sich dem Promorhandel (Tauschhandel zwischen Norwegen und Russland, Vardö war einst Zentrum dieses Handels), der Nordpolexpedition Fridjof Nansens, den Hexenprozessen im 16. und 17. Jahrhundert (etwa 80 Frauen endeten in Vardö im Feuer) und dem Zweiten Weltkrieg.

Mit einem lustig verdrehten Deutsch schildert unser Führer Wissenswertes, er spart dabei auch nicht die unsägliche Zeit der Hexenverbrennungen und des Zweiten Weltkrieges aus. Aber alles Gesagte wird begleitet von einem verschmitzten Lächeln und der Schalk in seinen Augen will sagen: Was soll's, das alles ist ja schon so lange her, die Zeiten sind mittlerweile besser! Der gute Mann strahlt die reinste Lebensfreude aus.

Montag, den 14. Februar 2000

Bin wie jeden Tag als erster aus dem Bett. Da unser Bullauge wegen der Winterstürme verschlossen ist, mache ich mich auf zum "Wettergucken" und erstatte Meldung. Claus ist dann als nächstes aus den Federn, zum Schluss kommt Ruedi. Beim Frühstück erscheint Claus aber grundsätzlich zuletzt, er muss Helle Sunshine immer erst guten Morgen sagen. Es ist nicht zu fassen, aber sie freut sich wirklich jeden Morgen über seine blöden Sprüche.

Das verschlossene Bullauge hat mich am Anfang etwas geärgert, das Schiff ist total leer und wir sitzen in einer Außenkabine, aus der man nicht gucken kann. Ein Deck höher sind die Bullaugen "offen". Ich frag mich jetzt schon zum dritten Mal warum es überhaupt eine Außenkabine sein muss. Außer zum Schlafen hält man sich eh nicht in der Kabine auf. Das Geld für die Außenkabine könnte man sich eigentlich sparen. Vielleicht das nächste Mal!

Der mausgraue Himmel, den ich am Morgen erblicke, begleitet uns den ganzen Tag. Kein Fotolicht und somit ist dann und wann Lesen angesagt. In Kirkenes geht niemand von Bord um die Heimreise anzutreten. Neue Passagiere sind aber auch nicht in Sicht. Wir 16 bleiben also unter uns. Den Gang ins Zentrum von Kirkenes erspare ich mir. Ich schau einfach beim Ein- und Ausladen zu. In Vardö bummle ich ein wenig durch den Ort und fotografiere. Claus und Ruedi besichtigen mit den anderen die Festung.

Am Abend versucht sich das Nordlicht. Aber nach einigen Schleiern, die aussehen wie dünne schnellziehende Wolken, ist der farblose Spuk schon wieder vorüber. Mäßig das Ganze, genau wie bei der ersten Reise auch am 7. Tag. Leseabend und früh in der Koje, denn morgen kommt man nicht so schnell zum Schlafen.

Mittwoch, den 31. März 2004

Mein Tag beginnt mit der Anfahrt auf Vadsö. Die Küste ist tief verschneit, der Himmel klar und wolkenlos. Es ist bitter kalt. Auf dem Weg nach Kirkenes pfeift einem überall an Deck ein eiskalter Wind um die Ohren. Ausgerechnet am Bug weht aber kaum ein Lüftchen. Dort lasse ich mir die Sonne ins Gesicht scheinen. Später gesellt sich noch Frau O. aus Düsseldorf zu mir. Sie genießt noch die letzten Augenblicke ihrer achten Hurtigrutenreise bevor sie in Kirkenes das Schiff verlässt.

In Kirkenes erspare ich mir den Gang in die Stadt. Durch Schnee stapfend und von eisigem Wind geschüttelt versuche ich mich an Fotos von der Vesteralen. Nach einiger Zeit flüchte ich mich durchgefroren wieder an Bord. Claus und Ruedi haben sich die Kälte erspart und sitzen lesend im Panoramasalon.

Nach der Abfahrt von Kirkenes bewölkt sich der Himmel, beim Anlaufen von Vardö schöne Wetterstimmungen. Am Kai erwartet uns bereits der Festungsführer (es ist immer noch der selbe). Diesmal, sicherlich der Kälte wegen, nicht in Uniform. Schieße einige Bilder von der verschneiten Stadt und Festung.

Als wir Vardö verlassen steuern wir in eine dunkle Wolkenwand. Mit einsetzendem Schneetreiben beginnt es auch schon heftig zu schaukeln. Ich schlucke sofort eine Tablette und bin wie der Blitz in meiner Kabine verschwunden. Bis zum Einlaufen in den geschützten Batsfjord kämpfe ich mit leichter Übelkeit. Das Essen wurde wegen des Seegangs bis zum Anlegen verschoben. Überzuckert von 10-15 cm Neuschnee liegen die beleuchteten Straßen und Häuser von Badsfjord vor den Bullaugen im Speisesaal.

Mein Fotografenherz blutet. Statt zu essen wäre ich besser mit Kamera und Stativ losgezogen. Zu allem Übel sind wir verspätet in Badsfjord eingetroffen, legen aber pünktlich ab. Somit verkürzter Aufenthalt und keine Chance nach dem Essen noch an Land zu gehen. Am Abend in der Cafeteria noch ein kurzer Plausch mit unserem Ehepaar aus den Niederlanden. Sie sind zum ersten Mal auf der Hurtigruten aber keine Norwegenneulinge.

Weihnachten an Bord: Mittwoch, den 22. Dezember 2010

Erst um 8:15 Uhr aus den Federn gekrochen. Asche über unsere Häupter. In der Nacht hat es geschneit und heute Morgen ist zum ersten Mal auf unserer Reise der Himmel komplett bedeckt. Bei der Ankunft in Kirkenes, dem Wendepunkt der Reise, schneit es wieder. Es herrschen aber nur leichte Minustemperaturen. Ute geht in die Stadt um zu bummeln, mich zieht es zunächst auf eine kleine, mit schönen Holzhäusern bestückte Anhöhe. Von dort hat man einen schönen Blick auf den Anleger der Hurtigrute. Gehe dann auch noch ins Zentrum, aber außer zum Teil sehr ansprechenden Holzhäusern auf dem Weg dort hin hat Kirkenes wirklich nicht viel zu bieten.

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Um 13:45 Uhr legen wir pünktlich ab. Aber noch bevor das Schiff den Bug ganz in Fahrtrichtung gedreht hat, wird das Manöver abgebrochen und noch einmal kurz angelegt. Es kommt noch ein Taxi mit drei Passagieren angedüst. Na die haben aber mächtig Glück gehabt!!! Andere Passagiere hatten offensichtlich weniger Glück, denn einige haben durch verspätete oder ausgefallene Flüge das Schiff nach Aussage des Reiseleiters nicht mehr erreicht. Beim Mittagessen sitzen wir bei einem neu zugestiegenen Ehepaar aus Thüringen. Auch sie sind wegen ihres verspäteten Fluges etwas nervös geworden. Er ist ehemaliger Seemann und immun gegen Seekrankheit, sie hat allerdings mächtig Probleme damit. Die beiden sind früher schon einmal die umgekehrte Richtung gefahren. Nach dem Mittagessen fängt es dann natürlich auch schon an ordentlich zu schaukeln. Ich habe Gott sei dank in kluger Voraussicht 2 Tabletten genommen und keine Probleme. Die Ehefrau des Seemannes muss aber ordentlich leiden. Ihr Mittagessen hätte sie sich sparen können. Kein guter Anfang.

Am späten Nachmittag wird ein Film über den Pomorenhandel (Küstenhandel Russland – Norwegen) gezeigt (*). Vardö erreichen wir mit einer Verspätung von einer halben Stunde. Somit kein Besuch der Festung und die Stammtischler (**) kommen auch ganz schön unter Zeitdruck. Bis zum Abendessen lesen wir im Panoramasalon. Wir sind dort alleine, die meisten Passagiere haben sich wohl in die Kabinen verzogen. Beim Abendessen sitzt am Nebentisch der ehemalige Seemann ohne Frau, die hat der Seegang ordentlich umgehauen. Mit am Tisch sitzt noch ein jüngeres Paar. Auch aus Deutschland und in Kirkenes an Bord gekommen. Später stellt sich heraus, dass die beiden auf Hochzeitsreise sind.

Zum Tagesabschluss der obligatorische Besuch in der Bar. Die Musik der beiden Mädels ist heute nicht so der Hit. Zwischendurch kommt eine ältere Engländerin zu uns, mit der wir in den vergangenen Tagen schon einige Worte gewechselt haben, um uns zu fragen warum wir so abseits sitzen. Ob wir die Musik lieber etwas leiser hören wollen, oder weil wir nicht so gut Englisch können. Sie vermisse uns, deshalb wolle sie uns hallo sagen. Wirklich nett von ihr und unsere Gründe sind sowohl als auch. Na denn gute Nacht.

(*) Im Allgemeinen ist damit der Handel gemeint, der am Anfang des 18. Jahrhunderts im Norden einsetzte und etwa zweihundert Jahre dauerte - bis zur russischen Revolution von 1917. Er war über weite Teil der nordnorwegischen Küste verbreitet und wurde zwischen den Einheimischen und Russen aus den Küstengebieten am Weißen Meer betrieben. Das Wort "Pomor" bedeutet in etwa "am Meer gelegen".

(**) Jedes der 11 Hurtigrutenschiffe hat in den verschieden Anlaufhäfen seine Stammtischrunde. Während der Liegezeit trifft man sich in der Cafeteria (24 Stunden offen) um Neuigkeiten auszutauschen. Meist hängen auch die Bilder der Stammtischgruppen am Ort der Handlung.

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