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Gamla Stan - Stockholms Altstadt
Der historische Stadtkern und geografische Mittelpunkt Stockholms
Bei der Buchung unserer Unterkunft hatten wir großen Wert darauf gelegt, möglichst zentral untergebracht zu sein, um vor Ort keine langen Wege zurücklegen zu müssen. Da war Gamla Stan genau die richtige Entscheidung, denn hier konzentriert sich das, was Stockholm eigentlich ausmacht. Schöne Architektur, viel Wasser und abwechslungsreiche Panorama-Blicke sind die Essenz des Stockholmer Flairs, und von allem, so stellten wir bald fest, sollten wir nicht weit weg sein.
Tatsächlich kristallisierten sich, nachdem wir die richtige Richtung eingeschlagen hatten, zwei Türme heraus, die unweigerlich unser Ziel markieren mussten. Einer davon gehörte zur Storkyrkan, der St.-Nikolai-Kirche, der ältesten Kirche Stockholms. Und keine fünfzig Meter von ihr entfernt, direkt gegenüber von der Schwedischen Akademie, war es endlich, das Best Hostel Old Town. Mittlerweile war es halb vier am Nachmittag und stockfinster, doch es hatte zu regnen aufgehört. Vom Eingang des Hostels fiel der Blick auf einen kleinen Weihnachtsmarkt, der auf dem Vorplatz der Schwedischen Akademie vor historischer Kulisse errichtet worden war. Er sollte unsere erste Station werden. Zuvor aber machten wir Bekanntschaft mit dem geselligen Pförtner, der fortan bei jeder morgendlichen Raucherpause vor der Eingangstür mit von der Partie war, brachten unser Gepäck in die funktional eingerichteten Zimmer, in denen jedes einzelne Möbelstück, ja jedes Detail aus dem Hause IKEA stammte, und zogen uns noch etwas waermer an. Dann starteten wir die erste Erkundungstour.
Im Licht der Laternen, der Weihnachtsmarkt-Stände und der beleuchteten, prunkvollen Fassaden beschlossen wir, mit einem Becher Glögg, dem schwedischen Glühwein, die Kälte aus den Knochen zu vertreiben, staunten aber nicht schlecht, dass ein Becher umgerechnet nur etwa zwei Euro kosten sollte. Unvorstellbar bei den skandinavischen Alkoholpreisen. Beim ersten Schluck wurde dann klar: Das Zeug schmeckt zwar sehr gut, enthält aber keinen einzigen Tropfen Alkohol, weil in Schweden auf der Straße kein Alkohol verkauft werden darf.
Schwedische Weihnachtsmärkte sind durchaus mit den hiesigen vergleichbar, zumindest was das Angebot an Kunsthandwerk, Süßigkeiten und sonstigen Speisen angeht; Allerdings sind die Hütten nicht so abwechslungsreich gestaltet wie bei uns, denn in Schweden werden diese oftmals dicht an dicht und in demselben Design aneinander gebaut. Das sieht dann so aus wie die aufgereihten Bretterbuden an so manchem Nordsee-Strand, nur in Rot. An kleinen Geschaeften, Galerien und Restaurants entlang, bewegten wir uns durch die an vereinzelten Stellen nicht mehr als einen Meter breiten und steilen Gassen Gamla Stans, um die Altstadt einfach auf uns wirken zu lassen.
Sie hat nämlich ihr mittelalterliches Äußeres im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert und ermöglicht es dem Besucher, sich das Leben in der Vergangenheit vor Augen zu führen. Insbesondere in der Dunkelheit versprühen die Gassen einen ganz besonderen Charme, der unweigerlich an Jack The Ripper erinnert. Immer wieder lockern kleinere Plätze mit Statuen oder Brunnen das Bild auf und eröffnen einen etwas weiteren Blickwinkel auf die farbig gestalteten und mit Erkern versehenen Hausfronten, denn vielerorts erstreckt sich das Blickfeld vornehmlich nach vorn und nach oben, der Enge wegen aber nicht zu den Seiten.
Blickfang Nummer eins ist, wenn man sich auf der Insel Gamla Stan befindet, neben dem königlichen Palast die Storkyrkan. Die barock überarbeitete, ursprünglich im gotischen Stil erbaute Kirche, die erstmals gegen Ende des 13. Jahrhunderts erwähnt wird, ragt 66 Meter hoch in den Stockholmer Himmel und war bis 1907 die Krönungskirche der schwedischen Könige. Sie ist die älteste Kirche Stockholms und zugleich der geografische Mittelpunkt der Stadt. Sie beherbergt eine ganze Reihe von bedeutenden Kunstwerken, von denen das bekannteste wohl die St.-Georgs-Statue von Bernt Notke aus dem Jahr 1489 sein dürfte.
Nur wenige Meter liegt sie entfernt vom Königspalast, der mit seinen 609 Zimmern und einer Grundfläche von 120 x 116 Metern zu den größten noch von einer Königsfamilie genutzten Palästen weltweit zählt. Sein Bau wurde vom damaligen König Karl XII veranlasst, und zwar quasi auf den noch glimmenden Überresten des alten Kastells Tre Kronor (Drei Kronen), das Stadtgründer Birger Jarl hatte erbauen lassen. 1697 war es einem Brand zum Opfer gefallen. Auf Grund von Geldproblemen konnte der Palast jedoch erst nach 60 Jahren Bauzeit fertiggestellt werden.
Das Gebäude an sich ist ein recht schnörkelloser Bau, der äußerlich allein durch seine schiere Größe zu imponieren vermag. Ein bisschen wirkt er wie ein UFO, da die umliegenden Gebäude filigraner und abwechslungsreicher gestaltet und wesentlich kleiner sind. Da die Königsfamilie vor Jahren das stilvollere Schloss Drottningholm als Wohnsitz ausgewählt hat, steht Besuchern auch das Innere des Königspalasts zur Besichtigung offen; Neben dem Reichssaal, der Schlosskirche und einem Museum sind vor allem die Kellerkatakomben und die Schatz- und Rüstkammer mit alten Jagdwaffen und Ruestungen sehenswert. Ebenfalls nicht verpassen sollte man die feierliche Wachablösung, die am frühen Nachmittag im Außenhof stattfindet.
Vom Schloss aus hat man einen großartigen Blick auf die umliegenden Sehenswürdigkeiten Stockholms, und davon gibt es nicht gerade wenige. Auf einer kleinen Insel namens Helgeandsholmen, die zwischen Gamla Stan und dem Stadtzentrum Norrmalm gelegen ist, befindet sich das Reichstagsgebäude, das 1905 fertiggestellt wurde. Bei Bauarbeiten zur Errichtung einer Tiefgarage stieß man später auf Fundamente und Mauerreste aus dem 13. Bis 14. Jahrhundert, menschliche Skelette und allerlei Artefakte, so dass an Ort und Stelle ein Mittelalter-Museum gebaut wurde. Die Tiefgarage musste daraufhin etwas kleiner ausfallen. Ebenfalls in Sichtweite befindet sich das Rathaus der Stadt, welches zugleich Stockholms Wahrzeichen darstellt. Das Jugenstil-Gebäude, das zwischen 1911 und 1923 erbaut wurde, besitzt eien 106 Meter hohen Turm, der einen sagenhaften Blick über die Stadt eröffnet.
Auch die Oper, die Jakobskirche, das Nationalmuseum und weitere historische Gebäude wie das Riddarhuset, das dem Adel im 17. Jahrundert als Versammlungsort diente und vor allem wegen seiner aufwendigen und kunstvollen Dachkonstruktion auffällt, sind vom Schloss aus gut zu sehen.
Insgesamt spiegelt Gamla Stan das typische Bild einer mittelalterlichen Stadt wieder. Insbesondere nachts, wenn die Gassen menschenleer sind und an vielen Stellen ein Großteil der künstlichen Beleuchtung erloschen ist, kann man sich dort sehr gut ins Mittelalter versetzen. Viele Restaurants machen gar durch kleine Fackeln und Feuertöpfe an den Eingängen auf sich aufmerksam, so dass in Sachen Authentizität keine Wünsche mehr offen bleiben; Ein nächtlicher Spaziergang durch die Altstadt sollte also unbedingt auf dem Plan stehen.
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Autor: Ingo Schmidt; Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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