Jüdische Orte der Erinnerung in Frankfurt
Jüdische Mitbürger spielten in Frankfurt am Main seit etwa 900 Jahren eine große Rolle, unterbrochen von einigen Perioden, in denen diese Bürger verfolgt, ermordet und vertrieben wurden. Das Verhältnis der Frankfurter Christen zu den Juden war ein zwiespältiges, die Juden wurden gebraucht, aber sie waren keineswegs beliebt. Teilweise betrug ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung der Stadt rund 10%. In einer Finanzmetropole ist das sicher kein Wunder, denn die Juden hatten sich oft auf den Geldverleih spezialisiert, was bei vielen Frankfurtern Neid erweckte und sie die Juden als gierig und verschlagen hinstellen ließ. Dabei war diese Konzentration auf Geldgeschäfte oft aus der Not geboren, da Juden meist das Ausüben eines Handwerks oder anderer Berufe verboten war.
Die Geschichte der Juden in Frankfurt begann im 12. Jahrhundert, in dem sie sich vorrangig in Häusern um den Dom ansiedelten. Die ersten großen Konflikte gab es 1241 und 1349. In diesen Jahren wurden fast alle jüdischen Bürger der Stadt bei Pogromen ermordet. Trotzdem siedelten sich immer wieder Menschen jüdischer Abstammung in Frankfurt an. Zur erneuten Vertreibung kam es 1614 nach dem Fettmilch-Aufstand. Wie immer ging es dabei um Geld und den Neid auf Wohlhabendere, versteckt hinter antisemitischen Parolen. Unter ihrem Wortführer Vincenz Fettmilch forderte die Frankfurter Bürgerschaft die Beschränkung der Anzahl der Juden in der Stadt und die Senkung des erlaubten Zinssatzes. Das war im Prinzip aber nur vorgeschoben, denn Viele erhofften sich durch eine Vertreibung der Juden die Streichung ihrer Schulden. Nachdem der Kaiser die Bürgerschaft in dieser Frage unterstützte, wurde die Judengasse gestürmt und die jüdischen Bürger vertrieben.
Im Jahre 1616 konnte die jüdische Gemeinde in die Stadt zurückkehren. Die Lage der Juden besserte sich dann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sie wurden emanzipiert. In der Folge kamen einige Frankfurter Juden zu großem Ansehen und großer wirtschaftlicher Macht. Die Bankiers Rothschild etwa sind das wohl bekannteste Beispiel. Sie spielten nicht nur im Finanzwesen eine hervorragende Rolle, auch ihr Engagement in Politik, Kultur oder den Wissenschaften – sie hatten entscheidenden Anteil an der Gründung der Universität – war enorm.
Diese positive Entwicklung endete jäh mit den Nationalsozialisten. Im sogenannten „Dritten Reich“ wurden in Frankfurt – wie in ganz Deutschland und später auch im Ausland – die Juden verfolgt und größtenteils ermordet. Anfang des 20. Jahrhunderts lebten rund 30.000 Juden in Frankfurt, heute sind es nur noch ca. 5.000. Trotzdem ist die Frankfurter Gemeinde die größte jüdische Deutschlands.
Das Jüdische Museum im Rothschild-Palais
Eine gute und umfangreiche Sammlung über die Geschichte der Juden in Frankfurt ist im Jüdischen Museum zu bewundern. Das Haus liegt zentral am Untermainkai in der Nähe der Untermainbrücke in einem prächtigen weißen Gebäude. Es hat einen direkten Bezug zur jüdischen Bevölkerung, denn das denkmalgeschützte Haus im Stil des Klassizismus ist das ehemalige Rothschild-Palais. Im Jahre 1821 erbaut, zählte es zu den prachtvollsten und schönsten Bürgerhäusern der Stadt. 1849 wurde es noch einmal in Richtung Westen verlängert und mit Erkern und Zwerchhäusern ergänzt.
Die Dauerausstellungen des Museums sind in mehrere Bereiche gegliedert. So gibt es den Bereich zur Geschichte der Juden von etwa 1100 bis 1800. Sehr eindrucksvoll wird die zunehmende Isolierung der Juden bis zum Leben im Ghetto gezeigt. In einem anderen Teil wird die neuere Geschichte von 1800 bis heute dargestellt, von einer Liberalisierung bis hin zu den Grauen der Judenverfolgungen im Nazireich. Beeindruckend ist die „Wand der Namen“ auf der die verschleppten und ermordeten jüdischen Bürger genannt sind. Positiv stellt sich dann die Entwicklung in der Bundesrepublik dar.
Wer sich intensiver mit den Bräuchen, Ritualen und dem jüdischen Alltagsleben beschäftigen möchte, dem sei die Abteilung „Jüdisches Leben – Jüdische Feste“ empfohlen. Hier wird auch näher auf die alten Traditionen eingegangen, die weit in die Vergangenheit zurück reichen. Die Dauerausstellungen werden durch Wechselausstellungen ergänzt, in denen weitere Themen zum jüdischen Leben behandelt werden.
Täglich außer montags ist von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet, mittwochs sogar bis 20.00 Uhr. Dieser Tag mit den längeren Öffnungszeiten ist unserer Ansicht nach sehr positiv, denn so kann man bei schönem Wetter den Tag für einen Stadtbummel ausnutzen und anschließend noch das Museum besuchen. Der Eintrittspreis ist sehr human und wer noch die Außenstelle des Museums besuchen möchte, kann eine Kombi-Karte erwerben.
Museum Judengasse und Alter Jüdischer Friedhof Battonstraße
Die Außenstelle des Jüdischen Museums, das Museum Judengasse, befindet sich am Börneplatz nicht weit entfernt vom Museum für Moderne Kunst. Hier ist man mitten im Zentrum des historischen Lebens der jüdischen Bevölkerung Frankfurts, der ehemaligen Judengasse. Mittelpunkt des Museums sind archäologische Ausgrabungen von Resten der Gebäude und Grundmauern dieser Gasse, in die einst die Frankfurter Juden verbannt wurden. So sind Fragmente von fünf Wohnhäusern, zwei Brunnen, zwei Ritual-Bädern und einem Kanal zu sehen. Die ältesten Funde reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück, der Großteil stammt jedoch aus dem 18. Jahrhundert.
Ergänzt wird diese Ausstellung der steinernen Zeugen durch Darstellungen und Erklärungen zum täglichen Leben in der Judengasse. Neben dieser dauerhaften Ausstellung gibt es wechselnde, die auch Themen zur Geschichte und Gegenwart der Frankfurter Juden präsentieren. Die Öffnungszeiten sind gleich denen des Jüdischen Museums. Der Eintrittspreis ist noch etwas günstiger, man kann aber auch das Kombi-Ticket für beide Museen erwerben.
Angrenzend an das Museum Judengasse liegt der Alte Jüdische Friedhof Battonstraße, ein geschichtlich sehr bedeutender. Er ist nach Worms der zweitälteste jüdische Friedhof in Deutschland. Angelegt wurde er schon im 13. Jahrhundert, damals noch außerhalb der Stadtmauern. Der älteste Grabstein auf diesem Friedhof stammt aus dem Jahr 1272. Während des Bombardements Frankfurts im 2. Weltkrieg wurden, bis auf das östliche Grabfeld, große Teile des Friedhofs zerstört. Zu den bedeutenden Persönlichkeiten, die auf dem Friedhof beigesetzt wurden, zählt der Begründer des Bankhauses Rothschild, Mayer Amschel Rothschild.
Der Besuch des Friedhofs ist etwas komplizierter, Öffnungszeiten gibt es hier nicht. Wer das Gelände besichtigen möchte, muss den Schlüssel in der Verwaltung des Museums Judengasse abholen und den Personalausweis als Pfand hinterlegen. Diese relativ kleine Mühe lohnt aber. Besonders beeindruckend sind auch die Mauern des Friedhofs, die seit 1996 zu einer Gedenkstätte umgewandelt wurden. Kleine an der Mauer angebrachte Tafeln erinnern an die 12.000 deportierten und ermordeten Frankfurter Juden. Auf den Tafeln sind Name, Alter und Ort der Ermordung genannt. Eine dieser Tafeln ist Anne Frank gewidmet, dem Mädchen, dessen Leidensgeschichte durch ihr Tagebuch weltbekannt wurde.
Weitere jüdische Friedhöfe und die Synagoge
Die große Rolle, die Frankfurt am Main für die jüdische Bevölkerung spielte, erkennt man auch daran, dass es in der Main-Metropole insgesamt zwölf jüdische Friedhöfe gibt. Die Mehrzahl sind allerdings kleine Grabplätze, die den früheren Vororten als Begräbnisplatz dienten und schon längere Zeit nicht mehr genutzt wurden.
Der Friedhof in der Rat-Beil-Straße 10 ist jüngeren Datums. Angelegt wurde er im 19. Jahrhundert, nämlich 1828. Es ist ein stattliches Areal von 74.000 m², das direkt an den Frankfurter Hauptfriedhof angrenzt. An den Gräbern findet man zahlreiche bekannte Namen, so liegen hier Mitglieder der Rothschild-Familie, der Maler Moritz Daniel Oppenheim, der Nobel-Preisträger Paul Ehrlich und viele andere.
Zwei Persönlichkeiten spielen jedoch eine besondere Rolle, der Rabbiner Samson Rafael Hirsch und der Rebben Israel von Stolin. Sie haben bei den orthodoxen Juden eine Vorreiterrolle inne und ziehen Orthodoxe aus der ganzen Welt an, die an den Grabstätten in Frankfurt Kerzen anzünden und Zettel mit Wünschen anheften. Geöffnet ist der Friedhof im Sommer von 8.30 Uhr bis 18.00 Uhr und im Winter bis 16.00 Uhr. An Samstagen und zu jüdischen Feiertagen ist der Friedhof geschlossen.
Der Neue Jüdische Friedhof liegt an der Eckenheimer Landstraße und dient seit 1928 als Beerdigungsort der Jüdischen Gemeinde Frankfurt. Er ist mit 54.500 m² etwas kleiner als der Friedhof in der Rat-Beil-Straße. Auf dem Gelände steht ein Ehrenmal für die im Dritten Reich ermordeten Juden. Außerdem gibt es hier ca. 800 Gräber jüdischer Bürger, die durch den Freitod der Deportation und Ermordung zuvorkamen. Geöffnet ist der Friedhof von Oktober bis März von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr, freitags bis 15.00 Uhr. Von April bis September ist bis 19.00 Uhr geöffnet, freitags bis 18.00 Uhr. Samstags und an den jüdischen Feiertagen ist geschlossen.
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Autor: Michael Nitzschke; Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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