|
Besuch bei den Ureinwohnern Himbas
Was wäre eine Tour durch ein fremdes Land ohne Kontakt zu seinen Menschen? Natürlich möchte man auch Einiges über die Bewohner erfahren. Besonders dann, wenn es Leute sind, die in einer für uns ungewöhnlichen Weise leben, mit fremdartigen Sitten und Gebräuchen.
In Namibia, diesem Land im Südwesten Afrikas, leben eine ganze Reihe verschiedener Bevölkerungsgruppen, doch wohl keine ist für uns so faszinierend wie die Himbas.
Die Himbas, Namibias letzte Nomaden
Das Kaokoland, eine karge und unerschlossene Landschaft im Nordwesten Namibias, ist die Heimat der Himbas. Dieses Nomadenvolk zählt etwa noch 8000 bis 12000 Menschen und ist eines der letzten noch weitgehend ursprünglich lebenden in Afrika. Leider geht diese Lebensweise auch bei diesem Volk immer mehr verloren, nicht zuletzt durch unvernünftige Touristen und Guides, die den Himbas bei ihren Besuchen T-Shirts, Hosen, Uhren und andere vermeintlich nützliche Sachen schenken oder sie eintauschen.
Das ist ohne Zweifel falsch verstandene "Entwicklungshilfe". Eine große Gefahr droht der Kultur der Himbas auch vom geplanten Staudamm an den Epupa-Wasserfällen. Dieser Damm würde nicht nur die Epupa-Fälle, ein einmaliges Naturdenkmal, zerstören sondern auch den Lebensraum und die Weideflächen vieler Himba-Nomaden überfluten. Das hätte zur Folge, dass viele von ihnen in die Slums der Städte ziehen und hier endgültig ihre Lebensweise und Kultur verlieren. Sicher, auch die Argumente der Staudamm-Befürworter haben einiges für sich, bringt er dem Land doch Strom und eine größere Wasserfläche; Es ist schwierig, ein endgültiges Urteil zu fällen, doch scheinen die Nachteile dieses Damms zu überwiegen.
Erschwerend kommt bei diesem Konflikt hinzu, dass die Himbas für Namibias Regierung keine Gesprächspartner sind. Zum einen werden sie von den Ovambos, die hauptsächlich die Regierung bilden, als "Halbwilde" betrachtet und zum anderen existieren noch Ressentiments aus der Zeit des Buschkrieges gegen die SWAPO. Dabei gerieten die Himbas zwischen die Fronten und kämpften schließlich auf der Seite der Südafrikaner, die hohe Belohnungen für jeden getöteten SWAPO-Kämpfer zahlten.
Ein Besuch bei den Himbas lohnt auf jeden Fall, denn deren Lebensweise ist für Europäer fremd und erstaunlich; Wer aber mit offenen Augen und Verständnis für fremde Kulturen solch eine Tour unternimmt, wird interessante Einblicke und viel Nachdenkenswertes mitbringen. Dabei sollte man unbedingt eine geführte Tour buchen oder einen Guide anheuern. Ein kundiger Guide weiß, wo er einen Kral findet, kennt im allgemeinen die Bewohner und hat deren Vertrauen. Das alles sind wichtige Bedingungen zu einer für beide Seiten befriedigenden Tour und so erfährt man auch viel über die Lebensweise der Himbas. Einige Lodges und staatliche Einrichtungen bieten diese Touren an.
Wir hatten, auf einen Tipp hin, das Angebot der Toko-Lodge genutzt, deren Besitzer einen guten Kontakt zu einer Himbagruppe hat und viel Wissenswertes erzählen kann. Leider ist diese Tour aber unverhältnismäßig teuer und durch die sehr lange Anfahrt bleibt relativ wenig Zeit für den eigentlichen Besuch im Kral. Wer solch einen Ausflug plant, sollte besser eines der Angebote nutzen, deren Startpunkt in kurzer Entfernung zu einem Dorf liegen.
Je näher wir Opuwo, dem Hauptort des Kaokolandes, kamen, desto öfter tauchten an den Straßenrändern Himbafrauen in ihren traditionellen Trachten auf. Opuwo selbst besteht, wie so oft in Namibia, nur aus wenigen Häusern, einem Supermarkt und einigen Hütten. Mit leeren Händen möchten wir nicht bei den Himbas erscheinen und so kaufen wir die Gastgeschenke; Gefragt und beliebt sind vor allem Brot, Zucker, Mehl, Vaseline, Schulhefte, Bleistifte und natürlich "sweetys", Süßigkeiten.
Im Himba-Kral
Nach weiteren 20 Kilometern sind wir am Ziel, wir fahren in den Kral. Genauer gesagt in einen Kral, denn mehrere bilden eine Familiengemeinschaft. Jeder Kral hat etwa 5 bis 10 Bewohner, wobei die meiste Zeit nur Frauen und Kinder anzutreffen sind. Die Männer verbringen die meiste Zeit mit den Rinderherden, ihrem wichtigsten Besitz, in den Weidegründen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht,, dass wir gekommen sind und so haben sich schon bald ungefähr 25 Frauen und viele Kinder versammelt um die Besucher zu sehen und Souvenirs anzubieten.
Für uns ist das ein faszinierender Blick in eine fremd erscheinende Welt. Trotz aller Unterschiede erscheint sie uns sympathisch, nicht zuletzt durch die fröhliche und offene Art der Himbas. Sie haben offensichtlich Spaß daran, Besucher zu empfangen und ihre Souvenirs feilzubieten. Das geschieht aber immer unaufdringlich ohne großes Feilschen und ohne uns zu bedrängen; Auch wenn wir bei der Nachbarin kaufen, bleiben alle anderen nett und lächeln uns weiterhin an.
Sicher spielt dabei eine große Rolle, dass wir die Himbas so akzeptieren wie sie sind. Wir versuchen, niemals aufdringlich zu sein und fragen höflich, wenn wir etwas erklärt haben möchten. Selbstverständlich holen wir uns auch das Einverständnis wenn wir fotografieren. Stolz bringen wir unsere spärlichen Sprachkenntnisse an, die sich auf "Guten Tag" beschränken, in der Himbasprache "Moro".
Für uns Europäer unvorstellbar ist, dass sich Himbafrauen niemals waschen. Wer dabei jedoch an schmutzige, übelriechende Menschen denkt, liegt fehl. Himbas sind sehr sauber und riechen nicht unangenehm, wenn auch für europäische Nasen etwas ungewöhnlich. Das liegt an der typischen roten Paste, mit der die Frauen ihren ganzen Körper einreiben. Sie besteht aus eisenhaltigem Gesteinspulver und ursprünglich Butterfett, das jetzt allerdings immer mehr durch Vaseline ersetzt wird. Dieses regelmaeßige Einreiben reinigt den Körper und zusätzlich schützt diese Schicht vor Sonnenbrand und einem Austrocknen der Haut. Durch das ständige Hantieren mit der Paste ist auch der gesamte Himba-Haushalt mit einer roten Schicht überzogen. Es dauert nicht lange, dann haben auch wir rote Marken an Kleidung, Händen und Armen.
Die Himbas nutzen auch "Deostifte". Dazu dienen die Zweige des "Parfümstrauches", die einen ansprechenden intensiven Duft verströmen, wenn sie abgebrochen werden. Verbrennt man die Zweige, entsteht ein angenehm riechender Rauch, über dem Kleidung, Felle u.ä. aufgehangen und dadurch parfümiert werden.
Die traditionelle Kleidung der Himbafrauen besteht nur aus einem Lendenschurz aus Kalbsleder. Dazu tragen sie sehr viel Schmuck, Halsketten, Arm- und Fußreifen, die sehr kunstvoll gefertigt sind. Sehr interessant ist auch die auffällige Haartracht, wobei Kunsthaar ins natuerliche eingeflochten wird. Früher war dies Tierhaar, heute kommt es überwiegend aus dem Supermarkt. Um die aufwändige Frisur nicht sofort wieder zu zerstören, legen die Frauen zum Schlafen ihren Kopf auf einen hölzernen Schemel. Junge Mädchen tragen zwei nach vorn stehende Zöpfe. Sie sollen die Hörner der Rinder, dieser für die Himbas so wichtigen Tiere, symbolisieren. Haben sie eine kleine verzierte Fellkrone auf dem Kopf, heißt das, sie sind heiratsfähig.
Es fallt auf, dass fast jedes junge Mädchen ein Baby mit sich herumträgt und wir erfahren, dass die Mädchen mit durchschnittlich 12 bis 13 Jahren ihr erstes Kind bekommen. Die mitgebrachten Gastgeschenke haben Anklang gefunden und so dürfen wir auch ins Innere einer Hütte, wo uns die Clanchefin die Herstellung der roten Paste zeigt und das Reiben von Maismehl vorführt.
Natürlich möchten wir von alldem Fotos machen. Da wir höflich fragen, ist das kein Problem und nachdem wir die ersten Bilder auf der Digitalkamera gezeigt haben, können wir uns vor fotowilligen Modellen kaum retten. Vor allem die jungen Mütter mit ihren Babys zupfen uns immer wieder am Ärmel und halten uns ihre Kinder zum Fotografieren hin. Mütter sind eben überall auf der Welt gleich stolz auf ihren Nachwuchs.
Die angebotenen Souvenirs sind wirklich sehr interessant und originell, auch wenn es oft keine traditionellen Sachen sind. Die Himbas haben viel Phantasie entwickelt um aus Telefondraht von Freileitungen, aus Plastrohren und aus alten Granathülsen des Buschkrieges kunstvolle Armreifen, Armbänder, Ringe und vieles mehr herzustellen. Handeln ist nicht gefragt, die Dinge haben Festpreise.
Viel zu schnell ist die Zeit vergangen und wir müssen die Rückfahrt antreten. Die Frauen werden noch gebeten, uns zum Abschied einen traditionellen Tanz vorzuführen. Er besteht darin, sich zum rhythmischen Klatschen und Rufen schnell zu Drehen und zu Springen. Die Kunst dabei ist, den wirbelnden Lendenrock so unter Kontrolle zu halten, das nichts vom unbedeckten Darunter zu sehen ist. Die Frauen sind mit Begeisterung dabei und steigern sich so in Ekstase, das sie alles um sich herum vergessen. Das geht so weiter bis zur völligen Erschöpfung. Wir ziehen uns also bald dezent zurück und treten die Rückreise an, im Gepäck Souvenirs und vor allem bleibende Erinnerungen an einen faszinierenden Tag unter freundlichen und sympathischen Menschen.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis Namibia
Autor: Michael Nitzschke, Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
|
|