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Hurtigruten Tag 5: Harstad - Finnsnes - Tromsö - Skjervöy

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Harstad 6:45 Uhr, der Dampfer hat angelegt; Wenn man nicht gerade zu den Frühaufstehern gehört, dann beginnt für die meisten Passagiere während der Liegezeit in Harstad ein neuer Hurtigrutentag. Unzweifelhafter Höhepunkt des Tages wird der Aufenthalt in Tromsö sein. Aber bis dahin geht es erst einmal durch Fjorde und Sunde, deren landschaftliche Schönheiten einem wieder das Herz höher schlagen lassen. Möglich ist auch, dass die Passagiere heute zu einem Besuch auf der Brücke eingeladen werden.

Harstad mit seinem geschützten Hafen ist das Handels- und Wirtschaftszentrum einer Inselwelt um die größte norwegische Insel, Hinnöya. Zum Umland von Harstad gehören 23.000, zur Kernstadt selbst aber nur 6.000 Einwohner. Der wirtschaftliche Aufschwung und der Erhalt des Stadtrechtes im Jahre 1904 gründete auf riesige Heringsschwärme an der Küste und auf das fruchtbare, landwirtschaftlich genutzte Hinterland. Heute befinden sich dort die nördlichsten Erdbeerfelder der Welt. Geerntet wird im August.

Larte Tromsö

Man fragt sich unwillkürlich, wie kommen die Norweger zu solchen Delikatessen? Die wichtigste Voraussetzung ist natürlich das milde Klima des Golfstromes, und die hellen Nächte tun dann ein Übriges. In diesen Breiten scheint die Mitternachtssonne vom 23. Mai bis zum 22. Juli. Da kommt bei jeder Pflanze Freude auf!

Heute werden die Produkte der Landwirtschaft und des Meeres ergänzt durch zahlreiche Industrieprodukte. Zusätzlich wurde der Ort in den letzten Jahren zu einem Stützpunkt der Erdölindustrie für die Ausbeutung der Öl- und Erdgasvorkommen vor der nordnorwegischen Küste.

Macht sich die Hurtigrute wieder auf den Weg, kommt schon wenige Minuten später backbords die größte geschichtliche Attraktion Harstads in Sicht: die Kirche von Trondenes. Die Sage erzählt, dass hier im Jahre 999 die ersten Christen Nordnorwegens getauft wurden und König Öystein im 12. Jahrhundert an dieser Stelle eine Holzkirche bauen ließ. Die jetzige Steinkirche stammt aus den Jahren um 1250. Offensichtlich wurde sie als Festungskirche erbaut, denn ihre Mauern sind 2,5 m dick.

Im Mittelalter war sie die nördlichste Steinkirche Norwegens und eine der Wichtigsten im Land. Trondenes war außerdem Thingplatz und Sitz eines der mächtigsten Wikingergeschlechter. In diesem Zusammenhang dürfen auch die nordwestlich von Harstad gelegenen Inseln Grytöya, Sandsöya und Bjarköy nicht unerwähnt bleiben. Von hier aus wurde reger Handel mit den Völkern von Bjarmland, dem heutigen Nordrussland, getrieben; den meisten Gewinn erbrachten aber Raubzüge. Der letzte fand 1222 statt, danach drehten die Bjarmen den Spies um und begannen ihre Raubzüge in Nordnorwegen.

Harstads Hausberge, die Hafenbucht und das Festspielhaus. Hier finden jährlich die nordnorwegischen Festspiele mit Konzerten, Theatervorstellungen und Ausstellungen statt. Die Kirche von Trondenes MS Lofoten In den Fenstern des Bugsalons spiegelt sich die Landschaft der Inseln Rolla und Andörja. Rechts die Pyramide des 926 m hohen Rollagipfels.

Bei soviel Geschichte und dennoch nur einem Bruchteil dessen was erwähnenswert wäre, sollte man den Blick nach Osten nicht vergessen. Dort liegen die beiden Inseln Rolla und Andörja mit ihren interessanten Gebirgsformationen, wie zum Beispiel der perfekten Pyramide des 926 m hohen Rollagipfels.

Auf einer Winterreise, wenn nicht so viele Passagiere an Bord sind, kann es sein, dass man zwischen Harstad und Finnsnes der Kommandobrücke einen Besuch abstatten kann. Kapitän oder Steuermann stehen heute aber nicht mehr breitbeinig vor dem Ruder, sondern sitzend vor den Bildschirmen für Radar und Navigation (GPS). Gesteuert wird das Schiff völlig unromantisch mit drei kleinen Knöpfen. Seekarten, Kartentisch und Kompass sind jedoch nach wie vor vorhanden. Zur Übung wird so dann und wann ohne GPS gefahren. Hunderte von Leuchtfeuern und Seezeichen sowie die Erfahrung der Mannschaft bestimmen dann wieder alleine den Kurs der Hurtigrute.

Während unseres Aufenthaltes im "Allerheiligsten" haben wir uns der Insel Senja genähert. Westlich der Fahrrinne liegend, ist sie die zweitgrößte Insel Norwegens und bietet einen landschaftlichen Querschnitt der Provinz Troms, die wir gerade durchfahren; Abseits der Küste hübsche Bauernhöfe, in der westlichen Küstenregion kleine Fischersiedlungen und vorgelagert die besten Fischbänke des Landes. An der Fahrrinne der Hurtigrute friedliche Weiler, Laubwald und freundliches Grün.

Auf der Kommandobrücke der MS Narvik. Der erste Steuermann hat das Schiff mit locker im Griff.

Hat der Dampfer die östliche Spitze der Insel mit dem alten Handelsplatz Klöven umfahren, ragt Finnsnes ins Fahrwasser hinein. Klöven hat seine Bedeutung als Handelsplatz verloren, als Finnsnes Anlegeplatz des Schnelldampfers wurde. Nach kurzem Aufenthalt in Finnsnes passiert das Schiff die 1220 m lange Brücke, welche seit 1972 Senja mit Finnsnes und dem Festland verbindet. Durch den schmalen Gisund geht die Reise weiter nach Norden bis sich die Insel Kvalöya der Fahrrinne in den Weg stellt und der Kurs auf Nordost geändert werden muss. Auf Kvalöya gibt es zahlreiche Zeugnisse aus der Ur- und Frühgeschichte sowie bis zu 4000 Jahre alte Felszeichnungen.

Zwischen Kvalöya und dem Festland fährt man in den schmalen Rysstraumen, mit 6 Knoten die schnellste Gezeitenströmung in der Hurtigrutenfahrrinne. Dann kommt auch schon die Südspitze der 10,5 km langen und 3 km breiten Tromsöya in Sicht. Auf dieser Insel liegt das alte Tromsö, welches 1994 sein 200-jähriges Stadtjubiläum feiern konnte. In den Tromsösund eingefahren, sieht man schon von weitem die über 1000 m lange Sundbrücke, welche die Tromsöya mit dem Festland verbindet. In deren Verlängerung, auf der Steuerbordseite, erkennt man bald das markante Bauwerk der Eismeerkathedrale; sie ist das Wahrzeichen der Stadt. Dieser architektonisch eigenwillige Bau, 1965 eingeweiht, ist mit seinen 11 zeltartigen Segmenten 35 m hoch und soll nach den Vorstellungen des Architekten eine neue Version der traditionellen Bootshauskirche darstellen.

Morgenstimmung beim Einlaufen in den Hafen von Harstad MS Vesteralen im Hafen von Finnsnes Insel Senja. An den Ufern, entlang der Fahrrinne, friedliche Weiler und freundliches Grün. Schiff der Küstenwache vor der Kulisse der Insel Kvalöya

Tromsö ist erreicht! 4 Stunden liegt das Schiff am Kai in dieser schönen Stadt, die vielleicht im Winter am schönsten ist, nämlich wenn unzählige Lichter verständlich machen, warum Tromsö auch den Beinamen "Diamant am Rande der Arktis" erhalten hat. Mitten im Tromsösund liegt dieser Diamant und funkelt. Die Lichter brennen 24 Stunden, niemand löscht die Lampen in seinem Haus. Eine heimelige warme Atmosphäre liegt über Tromsö und so richtig dunkel wird es nie, obwohl die Sonne vom 25. November bis zum 21. Januar unter dem Horizont bleibt. Wenn dann noch das prächtige Farbenspiel des Polarlichtes über der Eismeerstadt zu sehen ist, spätestens dann wird auch dem "Südländer" warm ums Herz (siehe auch Tagebuch des 8.Tages).

Zu allen Jahreszeiten vermischt sich die reine, frische Luft des Nordens mit den Gerüchen von Meer, Tang und Fisch. Man findet Trubel in zahlreichen Kneipen, Nachtclubs und Restaurants, ebenso wie Stille. Am Wasser umgibt einen das stetige Plätschern der sanften Wellen; das Tuckern der Fischkutter vermischt sich mit dem lauten Tuten der größeren Schiffe und dem Geschrei der Möwen.

Es gibt hier die nördlichste Brauerei (1977 von dem deutschen Ludwig Mack gegründet) und die nördlichste Universität der Welt (ob da ein Zusammenhang besteht, vermag ich nicht zu sagen), sowie den nördlichsten Botanischen Garten. Fast alles ist in Tromsö am Nördlichsten. Nur die Stadt selbst darf sich mit dieser Krone nicht schmücken, diese Ehre gebührt Hammerfest. Aber dafür gehören 627 Inseln zum Stadtgebiet und mit ihren 2.558 Quadratkilometern ist sie flächenmäßig fünfmal größer als die Hauptstadt Oslo. Nur knapp 56.000 Menschen leben auf dieser Fläche, davon etwa 16.000 direkt in der Kernstadt und den Vororten Tromsös.

Tromsö war von Anfang an ein wichtiger Handelsort, Schiffs- und Bootswerften, Fischexport sowie die Ausrüstung von Polarexpeditionen dominierten das wirtschaftliche Leben der Stadt. Die eigentliche Blütezeit begann Ende des 18. Jahrhunderts, als man sich aus den wirtschaftlichen Fesseln des übermächtigen Bergen lösen konnte. Eine neue Zeit begann für Tromsö im Jahre 1960 mit der Eröffnung der Sund-Brücke. Es ist der Prototyp einer Serie großer norwegischer Brücken, die im Verlauf der folgenden Jahre nach diesem Vorbild gebaut wurden. Die Verbindung mit dem Festland spielte für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt in den letzten Jahrzehnten eine wichtige Rolle.

Früher hieß es Stadtrundfahrt, heute geht die Hurtigruten mit der Zeit und bietet in Tromsö eine Sightseeing-Tour an. Sind die Teilnehmerzahlen entsprechend, dann wird dieser Ausflug ganzjährig angeboten.

Während die Hurtigrute in den Tromsösund einläuft, herrscht am Heck des Schiffes Weltuntergangsstimmung. Noch bevor das Schiff in Tromsö anlegt, ein Blick auf die Eismeerkathedrale und die ersten Boten des herannahenden Winters. Eine Reise mit der Hurtigruten kann auch eine Reise durch verschiedene Jahreszeiten sein. Wenn man im Süden noch die letzten warmen Tage des Sommers erleben kann, macht sich in Nordnorwegen mit dem ersten Schnee in den Bergen bereits der Herbst bemerkbar. Winterliche Hafenidylle in Tromsö mit Sundbrücke und Eismeerkathedrale Wärme und Wohlbehagen strahlen aus den Fenstern der alten Häuser in den verschneiten Straßen und Gassen von Tromsö

Man kann aber sehr gut auch auf eigene Faust losziehen, z.B. vom Kai direkt hoch in die Stadt laufen, das Denkmal des Südpolbezwingers Roald Amundsen liegt auf dem Weg. Es folgt die Kathedrale von Tromsö, die zu den größten Holzkirchen des Landes zählt. Weiter nach rechts in die Fußgängerzone der Storgate, Tromsös Hauptstrasse, gesäumt von alten Häusern. Am Ende der Fußgängerzone gelangt man rechter Hand zum Tromsömuseum mit seinen wissenschaftlichen Ausstellungen über Geologie, Botanik und Archäologie. In Sichtweite noch das Polarmuseum, welches Ausstellungen über Roald Amundsen und Fridtjof Nansen, sowie die Bedeutung der Polarregion für Tromsö zeigt. Von hier aus ist es dann nicht mehr weit bis zur Sundbrücke, über die man zur Eismeerkathedrale gelangt.

Ist das Wetter schön und die Sicht gut, sollte man sich überlegen, ob man ein Taxi besteigt, das einen zur Talstation der Gondelbahn des 420 m hohen Storsteinen bringt. Von dort hat man eine Aussicht, die der des Flöyen in Bergen und des Aksla in Alesund in nichts nachsteht, ja diese vermutlich noch übertrifft. Bei alledem aber nicht die Uhrzeit aus den Augen verlieren! Man wäre nicht der Erste, der in Tromsö sein Schiff verpasst!

Um 18:30 Uhr heißt es wieder "Leinen los". Im Winter begleiten rechts und links der Fahrrinne Abertausende von Lichtern die Fahrt des Schiffes, bis die letzten Vororte Tromsös zurückbleiben.

In hellen Sommernächten zeigt sich zwischen Tromsö und Skjervöy (Ankunft 23:00 Uhr) auf der Steuerbordseite das Massiv des Lyngengebirges. Ein Kletterparadies mit Gipfeln von über 1500 m Höhe. Der mitteleuropäische Bergsteiger, gewöhnt an Drei- bis Viertausender, wird vielleicht müde lächeln. Aber er sollte bedenken, diese 1500 m steigen direkt aus dem Meer auf und sind somit durchaus mit den großen Alpengipfeln zu vergleichen.


Manfreds Reisetagebuch

Samstag, den 7. März 1992

Heute Morgen zum ersten Mal blauen Himmel auf dieser Reise gesichtet. Aber während unseres Besuches auf der Brücke entsteht schon wieder eine geschlossene Wolkendecke. Trotzdem ist alles freundlicher und nicht mehr so widerlich wie gestern. Der Schnee, mittlerweile fast bis Meereshöhe vorgedrungen, trägt unbestritten auch zum freundlicheren Erscheinungsbild der Landschaft bei.

Im Stadtgebiet von Tromsö allerdings keine Schneeflocke, nur gelegentlich noch schmutzige Überreste. Tromsö zeigt sich nicht von seiner besten Seite. Zu dritt machen wir uns auf den Weg zur Eismeerkathedrale. Wir können zwar einen Blick in den Innenraum werfen, aber das Fotografieren lassen wir sein, es wird gerade geheiratet. Nur Henry benutzt vorsichtig seine Videokamera von der Empore aus.

Nach dem Abendessen wieder ein interessanter Abend mit Cris, unserem Reiseleiter. Diesmal geht es um die Geschichte der Hurtigruten, deren Kampf gegen finanzielle sowie politische Widrigkeiten und darum, wann die beste Zeit für diese Reise ist. 1990 gab es offensichtlich eine erbitterte Debatte im Osloer Parlament über Sein oder Nichtsein der Hurtigruten; Nur mit zwei Stimmen Mehrheit wurde ein Konzept der Reedereien für das Überleben angenommen. Nun werden neue, größere Schiffe gebaut, um die Passagierkapazität deutlich zu erhöhen. Ab 2002 gibt es keine Subventionen mehr.

Als Cris uns das erzählt, spürt man noch etwas von seiner Wut über jene Politiker, die beinahe für das Aus der Hurtigruten gesorgt hätten und sich keinerlei Gedanken darüber gemacht haben wie immens wichtig - auch heute noch - die 11 Schiffe hauptsächlich für die nördlichen Provinzen sind.

Er zeigt uns ein Video über die Weihnachtsreisen und erzählt in diesem Zusammenhang auch so manches über die norwegische Weihnacht. Auch, dass auf seiner letzten Weihnachtsreise das festliche Büffet am Heiligen Abend zwei Mal vom Sturm abgeräumt wurde und wieder aufgebaut werden mußte.

Ja, und dann die Frage, warum im Sommer die Fahrgäste aus aller Welt wie die Lemminge über die 11 Schiffe herfallen. Mitternachtssonne klar! Ist natürlich auch eine tolle Sache, aber seiner Meinung nach nichts im Vergleich mit der verschneiten Landschaft und diesem unvergleichlichen Licht der Wintermonate. Dazu das Nordlicht und die Ruhe auf den Schiffen. Für Chris fährt der wahre Kenner der Hurtigruten im Winter. Wenngleich er aber zugibt, dass wir bisher vom Wetter nicht gerade verwöhnt wurden und das Nordlicht auch noch auf sich warten lässt. Aber schließlich sind wir erst 5 Tage an Bord, es wird schon noch werden. Ansonsten frisst er den sprichwörtlichen Besen, den man offensichtlich auch in Norwegen kennt.

Zum Abschluss des Abends liest er noch eine lustige Trollgeschichte vor, nach drei Schwedenwitzen wünscht er uns eine gute Nacht. Bevor ich in die Kabine verschwinde, noch ein kurzer Rundgang an Deck. Die Wolkendecke hat Lücken, vereinzelt blinken Sterne, kein Nordlicht zu sehen. Aber alles in allem hoffentlich ein gutes Wetterzeichen für den nächsten Tag.

Claus und der Schnupftabak, ich glaube die Katastrophe ist abgewendet. Zwei der Österreicher sind Gelegenheitsschnupfer und haben offensichtlich genügend Reserven. Noch ist Claus standhaft, aber ich gebe ihm höchstens noch 24 Stunden.

Sonntag, den 8. September 1996

Das Wetter war heute wieder norwegisch. Dunkle, regenschwere Wolken wechseln mit sonnigen Abschnitten. Sicht und Wetterstimmungen herrlich. Die Kamera ist fast unermüdlich im Einsatz. In diesen Breiten zeigen sich schon die ersten Vorboten des Winters, in den Bergen ist Schnee gefallen. In Tromsö statten Ute, Ise, Claus und ich der Eismeerkathedrale einen Besuch ab. Anschließend machen die Frauen einen kleinen Schaufensterbummel und die Männer gehen auf Motivsuche.

Nach dem Abendessen dann der gesellschaftliche Höhepunkt des Tages, die Polartaufe. Normalerweise mag ich solche Veranstaltungen nicht, die so etwas von Animation an sich haben. Hier auf der Hurtigruten ist die Landschaft und der normale Tagesablauf an Bord Animation genug für mich. Aber manch einer hätte halt schon gern ein bisschen mehr Kreuzfahrtflair. Für den kommt die Polartaufe gerade recht.

Man trifft sich im Salon am Heck des Schiffes, König Neptun erscheint und begrüßt uns in seinem Reich; Grüppchenweise, bevorzugt nach Nationalitäten, tritt man vor Neptun. Die Damen dürfen sitzen, die Herren müssen knien. Die Sache kommt zögerlich in Gang, weil sich zunächst keiner traut. Claus, durch seine zweite Hurtigrutenreise mit dem Prozedere vertraut, macht mit uns, den rheinischen Frohnaturen und einem Schweizer Ehepaar den Anfang. Die Damen werden von Neptun geradezu zärtlich behandelt, nur ein winziges Eiswürfelchen rutscht ihren Rücken herunter. Zwar klein aber natürlich kalt genug um spitze Schreie der "Begeisterung" auszustoßen.

Bei den Männern wird weniger Ruecksicht genommen, einer nach dem Anderen bekommt ein Ladung Eiswürfel mit dem Schöpflöffel in den Kragen gekippt. Obwohl Claus irgendwo in der Mitte von uns kniet, wird er in der Reihenfolge übergangen, ihn hebt sich Neptun bis zum Schluss auf. Nachdem er seine Ladung im Kragen hat, muss er noch seine Füße im Eiswasser baden. Was muss der Kerl auch immer so vorlaut sein, dass sogar schon König Neptun in seinem Reich von diesem respektlosen Individuum erfahren hat.

Nach Abschluss dieser Prozedur müssen wir noch ein Lied singen. Angesichts der draußen heranbrechenden Dämmerung wählen wir "Guter Mond du gehst so stille". Wir machen unsere Sache nicht schlecht, wir erhalten als Belohnung das Polarzirkelzertifikat und werden mit einem Aquavit von Neptun entlassen.

So geht es reihum, die Franzosen singen "Frère Jaques" und teilen locker "Sängerbezirke" für einen Kanon ein. Neptun ist begeistert, denn was die internationale Mischung der Passagiere da gesanglich abliefern ist wirklich Klasse.

Als Neptun abgetreten ist, wird die Bar geöffnet und Turid setzt sich, zu unser aller Überraschung, ans Piano; Es wird noch ein wunderschöner, langer Abend. Selbst unsere rheinischen Frohnaturen sind noch mit dabei. Sensationell!!! Denn an den anderen Abenden sind sie immer gleich nach dem Abendessen in ihrer Kabine verschwunden. Jetzt aber ab in die Koje, es ist verdammt spät geworden.

Samstag, den 12. Februar 2000

Am Morgen, schon vor dem Einlaufen in den Hafen von Harstad, ist die verschneite Landschaft in ein wunderschönes Dämmerlicht getaucht. Später, als die Sonne über die Berge kommt, filtern Wolkenschleier das Sonnenlicht und tauchen alles in ein mildes, weiches Licht. Es ist wunderschön. Die südgehende müsste mit am Kai liegen, hat aber offensichtlich etwas Verspätung. Zum Glück, denn so kommt es später in der Fahrrinne vor einer herrlichen Landschaftskulisse zur Begegnung mit der betagten MS Lofoten.

Dann Besuch auf der Brücke. Der Kapitän hält eine kleine Ansprache auf englisch und fragt zu Beginn scherzhaft ob es auf norwegisch sein darf, da es ja offensichtlich Passagiere an Bord gibt die der Landessprache mächtig sind und sich immer höflich für des Essen bedanken. Tusen takk for Maten. Damit sind wir drei gemeint! Allgemeine Erheiterung.

Alle Rundreisepassagiere bekommen das Polarzirkelzertifikat überreicht. Jetzt hab ich schon drei von den Dingern rumliegen, aber in den Müll schmeißen bring ich einfach nicht übers Herz. Mit dem Ersten Steuermann kommen wir ins Gespräch. Er stammt von den Vesteralen, wo er einen Hof betreibt. Er ist neben Steuermann also auch noch Landwirt. Die Landwirtschaft, so sagt er, ist sein Beruf, Steuermann auf der Hurtigrute sein Hobby, welches er hauptsächlich in den Wintermonaten ausübt. Teufel, der Mann ist zu beneiden!

In Finnsnes steigen etwa 30 Passagiere, beladen mit Einkaufstaschen und prall gefüllten Plastiktüten zu. Einkaufsbummel in Finnsnes oder Kaffeefahrt mit Verkaufsveranstaltung, statt mit dem Bus eben mit der Hurtigrute? Jedenfalls steigen alle in Tromsö wieder aus.

Bis zum Mittag hat sich das Wetter verschlechtert, am Himmel dunkle Wolken, aber dennoch weiterhin gute Sicht und faszinierende Lichtverhältnisse. Etwas verspätet erreichen wir mit der beginnenden Dämmerung Tromsö. Claus und Ruedi machen sich auf den Weg zur Eismeerkathedrale. Ich wandere, auf Motivsuche, durch die Strassen und das Hafenviertel. Überall türmt sich meterhoch der Schnee, überall brennen die Lichter, überall Fotomotive. Ich weiß nicht wo ich anfangen soll, ich sehe vor lauter Wald die Bäume nicht. Aber dann flutscht es. Doch die Zeit läuft, zu kurz ist der Aufenthalt in Tromsö.

Montag, den 29. März 2004

Ankunft in Harstad bei bedecktem Himmel aber guter Sicht. Während der Liegezeit kommt heftiges Schneegestöber auf. Ich verbummle das Einlaufen der MS Trollfjord. Sie ist etwas zu früh dran und so wird es nichts mit Bildern im Schneetreiben.

Bis Finnsnes schneit es weiter, lesen ist angesagt. Tromsö empfängt uns im tristen Grau. Waren vor 4 Jahren die im Hafen übrig gebliebenen alten Holzbauten noch in Takt, so gammeln sie mittlerweile, eingeklemmt von noch mehr Beton, vor sich hin. Schmutzige Schneereste und Schneematsch drücken auf meine Stimmung. Doch dann bricht völlig unerwartet die Sonne durch und schon sieht alles viel besser aus. Der Blick über den Sund zur Eismeerkathedrale und den schneebedeckten Bergen im Hintergrund ist herrlich. Abfahrt in Tromsö mit 30 Minuten Verspätung, es wurde viel Fracht geladen.

Zum Ausklang des Tages im letzten Abendlicht die schneebedeckten Linger-Alpen. Der halbe Mond steht über der Fahrrinne und im Nordwesten hängen düster graue Wolken. Traumhaft! Dann noch die Begegnung mit der neuen MS Midnatsol.

Heute Morgen hat sich Claus mit einem Ehepaar aus dem Raum Köln/Bonn unterhalten. Dabei wurde er gefragt, ob er und seine Tischgenossen die Jungs von der Webseite www.urlaube.info wären. Na da liegt man doch flach. Da erkennt man uns auf Grund meines Hurtigruten-Tagebuches. Also liest das Zeug tatsächlich jemand.

Heute haben wir auch das "Geheimnis" des jungen Pärchens (um die Mitte 20) gelüftet. Anfangs waren wir der Meinung es sind Norweger, die eben ein Stück mit der Hurtigrute fahren. Denn es ist schon ungewöhnlich, wenn so junge Leute eine Rundreise machen. Harald, unser Reiseleiter hat uns aber aufgeklärt. Beide sind Geschwister aus Hamburg, sie haben die Reise bei einer Tombola in der Hamburger Seemannskirche gewonnen. Sie ist absoluter Norwegenfan, kann norwegisch und hat während eines Praktikums auch schon eine Zeit lang in Norwegen gelebt. Also da hat es mal die Richtigen getroffen!

Dank der Weltoffenheit (und Neugier) von Claus kennen wir jetzt auch alle Namen des Servicepersonals. Die sind alle wieder super nett zu uns, liegt natürlich an unserem tadellosen und freundlichen Benehmen. Nur Joran, der unter uns ob seiner kompakten Erscheinung "Carlson vom Dach" genannt wird, ist noch etwas zurückhaltend, aber das wird sich mit der Zeit schon noch geben.

Weihnachten an Bord: Montag, den 20. Dezember 2010

Nachdem wir spät ins Bett gekommen sind haben wir es mit dem Aufstehen nicht so eilig. Wir steigen erst nach dem Ablegen in Harstad und somit kurz nach 8 Uhr aus den Federn. Temperatur -10°C. Wieder ein wolkenloser Tag mit lang anhaltendem Dämmerlicht und über allem sorgt der Vollmond für zusätzliches Licht. Nach dem Frühstück an Bord Fotopräsentation über Tromsö und seine Geschichte. Ankunft in Finnsnes pünktlich um 11:15 Uhr. Mittlerweile ist es wieder taghell. In Finnsnes nur 30 Minuten Aufenthalt, aber Ute verlässt das Schiff und geht in das nahe gelegene Einkaufszentrum. Hält sich dort typisch Oma, bei den Babysachen auf und verbummelt etwas die Zeit. Am Ende muss sie flitzen um noch rechtzeitig an Bord zu kommen.

Bei der Anfahrt auf Tromsö geht die Dämmerung langsam in Dunkelheit über, aber Mondschein und Schnee verhindern auch heute wieder das absolute Dunkel einer Polarnacht.

Hurtigruten Hurtigruten Hurtigruten

Während des Aufenthaltes in Tromsö haben wir eine Fahrt mit dem Hundeschlitten gebucht. Etwas außerhalb der Stadt liegt die Station. Temperatur hier -12°C. Wir sind zwar schon sehr warm eingepackt, aber trotzdem bekommen noch alle zusätzlich einen Thermoanzug. 8 Hunde ziehen einen Schlitten, der mit 2 Personen besetzt ist. Die Hunde veranstalten einen Höllenlärm. Einer der Schlittenführer brüllt etwas in die Meute, dann herrscht für einige Sekunden Ruhe. Aber wirklich nur für einige Sekunden, denn die Hunde können es kaum erwarten sich ins Zeug zu legen. Wären die Schlitten nicht mit einem Schneeanker gesichert, die Tiere wären mit uns schon längst über alle Berge. Dann zieht der Schlittenführer den Anker aus dem Schnee und wie der Blitz gehen die Hunde ab. Über uns der Vollmond, unter uns der Fjord und das Lichtermeer von Tromsö. Eine fantastische Fahrt!!! Hat zwar pro Person 1150 NKr. (152 Euro) gekostet, aber das war die Sache Wert.

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Im Anschluss an die Fahrt kann man sich noch mit den kleinen Welpen beschäftigen und in einem großen Tipi gibt es am offenen Feuer bei Kaffee und Kuchen noch einige Informationen über die Station und deren Schlittenhunde. Zur Zeit gibt es hier 22 Welpen und 250 Hunde. Davon 100 die speziell für Hundeschlittenrennen trainiert und in aller Welt eingesetzt werden. Erzählt bekommen wir das von zwei jungen Frauen aus Deutschland die hier arbeiten. Eine stammt aus Heilbronn, war im Februar 2009 mit der Hurtigruten in Norwegen und hatte auch diese Schlittenhundetour gebucht. Sie war so begeistert, dass sie gefragt hat, ob sie hier nicht auch arbeiten könnte. Und schon hatte sie ihren öden Bürojob (ihre Worte) in Deutschland an den Nagel gehängt.

Nach dem Abendessen erzählt uns der Kapitän im Panoramasalon noch etwas über Stockfisch. Man kann davon auch probieren. Diese Aktion wird aber nach draußen auf Deck verlegt, schließlich soll der Panoramasalon für den Rest der Reise noch zugänglich sein. Wir haben Stockfisch mal in Island gegessen, den muss man wirklich nicht mögen. Deshalb überlassen wir unsere Portion großzügig den anderen Passagieren. Aber auch deren Begeisterung hält sich in Grenzen.

Ausklang des Tages in der Bar. Heute spielen die Mädels schöne Tanzmusik. Es juckt uns in den Beinen. Platz zum Tanzen wäre genügend da und vielleicht müsste nur jemand anfangen. Aber wir trauen uns nicht.

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