Akureyri, die „Hauptstadt des Nordens“
Islands „Hauptstadt des Nordens“, Akureyri, hat gerade einmal rund 18.000 Einwohner. Für deutsche Verhältnisse ist das eine sehr kleine Stadt. Auf der Insel mit den weit verstreut und oft einsam lebenden Bewohnern und Orten, die bei uns noch nicht einmal als Dorf gelten würden, gilt es schon als bedeutende Metropole.
Ursprünglich war Akureyri ein Handelsposten der Dänen, der allerdings trotz Stadtrecht lange Zeit nur aus wenigen Häusern bestand. Wichtig war der Hochseehafen, der aufgrund der günstigen Bedingungen hier angelegt wurde. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Stadt stark und nach 1900 brach ein regelrechter Boom aus.
Heute ist Akureyri nach Rejkjavik die wohl bedeutendste Stadt Islands. Der kleine Ort kann immerhin mit einer Universität aufwarten, der Universität Akureyri, die1987 gegründet wurde. Auch wirtschaftlich ist Akureyri ein Schwerpunkt Islands. Neben dem Tourismus spielt die Fischerei eine große Rolle, Handel und Handwerk sind hier stark vertreten und die Hightech-Industrie hat sich auch in der Stadt nahe des Polarkreises niedergelassen.
Akureyrarkirkja, die Hauptkirche von Akureyri
Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Hallgrimskirkja in Reykajvik ist nicht zu leugnen. Auch die Kirche von Akureyri ist ein sehr moderner und nüchterner, aber gleichwohl ausgesprochen interessanter heller Betonbau mit stilisierten Basaltsäulen. Die Ähnlichkeit ist nicht verwunderlich, denn beide Kirchen haben den gleichen Architekten, den Staatsarchitekten Guðjón Samúelsson. Das Gebäude thront auf einem Hügel und ist über eine große Freitreppe zu erreichen. Diese erhöhte Lage bringt es mit sich, dass die Kirche fast von jedem Punkt der Stadt und auch vom Umland her zu sehen ist.
Eingeweiht wurde das Gebäude 1940, die Ausstattung im Inneren der Kirche stammt jedoch aus unterschiedlichen Epochen und verschiedenen Gegenden. So gibt es zwei Orgeln, eine 1961 in Deutschland hergestellte und die Chororgel, die in Island gebaut wurde. Die deutsche erweiterte man 1995, so dass jetzt insgesamt 3290 Pfeifen erklingen. Die isländische ist die erste im Inland hergestellte Orgel und stammt aus dem Jahr 1988. Das Altarbild wiederum befand sich früher in der ersten Kirche Akureyris.
Besonders erwähnenswert sind die Fenster der Kirche. Die ältesten, die Mittelfenster im Chor, sind rund 400 Jahre alt und gelangten aus England nach Akureyri. Angeboten von einem Antiquitätenhändler, kamen sie über Rejkjavik nach Akureyri und sind seit 1943 in der Kirche zu bewundern. Ursprünglich befanden sie sich in der Kathedrale von Coventry in England, wo sie glücklicherweise noch vor dem verheerenden Luftangriff im 2. Weltkrieg, dem auch die Kathedrale zum Opfer fiel, in Sicherheit gebracht wurden. Die zwölf Fenster des Kirchenschiffs wiederum erzählen Ereignisse aus dem Leben des Jesus Christus und aus der Geschichte des Christentums in Island. Uns gefielen diese farbenprächtigen Bleiglasfenster ausgesprochen gut.
Aðalstræti und Hafnarstræti
In einigen Reiseführern wird die Hafnarstræti als beheizte Fußgängerzone beschrieben. Das verblüffte uns etwas und ließ uns rätseln, wo diese Heizung in Erscheinung tritt. Obwohl es ein ziemlich kühler Tag war, konnten wir nichts Wärmendes feststellen. Vielleicht funktioniert das Ganze aber nur im Winter, das wäre eine denkbare Möglichkeit. So oder so, die Straße ist auf jeden Fall eine der Sehenswürdigkeiten Akureyris.
Sie beginnt am Rathaus und zieht sich dann parallel zum Meer hin. Obwohl die Straße „Hafenstraße“ heißt, liegt sie kurioserweise nicht direkt am Wasser sondern ein ganzes Stück landeinwärts. Das hat jedoch eine ganz simple Erklärung. Früher reichte das Wasser bis hierher, dann schüttete man über rund 100 Jahre Land auf, so dass die Grenze des Meeres weiter rückte. Die meisten Häuser der Hafnarstræti entstanden erst nach dieser Landaufschüttung.
In der Fußgängerzone sind einige Cafés mit Freisitzen zu finden. Interessant ist auch das Haus in der Nummer 3, das 1904 erbaut wurde und in dem früher die erste Telefonzentrale Akureyris residierte. Davor stand an dieser Stelle seit 1787 Akureyris erstes ständig bewohntes Haus. In der Nummer 18 befindet sich das Tulius-Haus, ein Holzhaus im Fertigbau, dass Ende des 19. Jahrhunderts von Norwegern mitgebracht wurde. Sehenswert sind weiterhin die Nummer 53, das ehemalige Gymnasium, sowie verschiedene Holzhäuser in teilweise intensiver Farbgebung.
In der Aðalstræti steht vor einem sehr unauffälligen Haus eine Statue, die den Kinderbuchautoren Jón Sveinssons zeigt. Er soll weltberühmt sein, doch wir müssen bekennen, dass wir ihn vorher nicht kannten. Aber reisen bildet, was hiermit wieder einmal bewiesen wäre. Das Haus hinter der Statue ist das Gebäude, in dem der Autor seine Kindheit verbrachte. Das Nonni-Haus – nach dem Kosenamen des Dichters – ist heute Museum, in dem zahlreiche seiner Bücher stehen und ein Einblick in die damaligen Lebensverhältnisse gegeben wird. Geöffnet ist das Museum vom 1.6. bis zum 1.9. in der Zeit von 10 Uhr bis 17 Uhr.
Einige Schritte weiter befindet sich das Heimatmuseum mit Exponaten zu Handel, Kirche und Landwirtschaft. Neben dieser ständigen Ausstellung gibt es wechselnde Schauen. Interessant ist der Museumsgarten, in dem eine kleine Holzkirche steht. Sie wurde 1970 vom Ufer des Eyjafjörður hierher gebracht und neu aufgebaut. Der jetzige Standort ist historisch, denn vorher stand hier bis 1940 die erste Kirche Akureyris. Auch der Garten kann sich mit einem Rekord schmücken, an dieser Stelle entstand 1901 die erste Baumschule Islands.
Das Haus des Dichters Matthias Jochumsson
Gleich neben der Hauptkirche von Akureyri fällt ein reizvolles weiß gestrichenes Holzhaus auf, das in einem kleinen Park steht. Es ist das ehemalige Wohn- und Sterbehaus des Pfarrers Matthias Jochumsson. Bekannt und berühmt wurde er jedoch weniger in diesem Beruf, sondern als isländischer Nationaldichter, der mit Dramen und Gedichten populär wurde. Sein wichtigstes Werk ist aber sicher die isländische Nationalhymne. Ursprünglich schrieb er das Lied „Lofsöngur“, die heutige Hymne, zur 1000-Jahrfeier der Besiedlung der Insel.
Im Haus ist eine Ausstellung zu dem Leben und Schaffen Matthias Jochumssons zu sehen. Ansonsten ist es aber auch von außen sehr attraktiv, zumal vor dem Haus, das auf einem Hügel steht, eine Wasserkaskade bis hinab zur Straße fließt. Der Weg über die Treppen durch den Garten entlang der Kaskade ist zwar kurz aber sehr reizvoll. Hier kann man auch einen Moment die Ruhe genießen.
Weitere Sehenswürdigkeiten Akureyris
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass Islands Pflanzenwelt sehr kümmerlich und nicht für eine umfangreiche Darstellung geeignet wäre. Sicher ist die Flora nicht so artenreich wie in vielen anderen Gebieten und der Hauptteil liegt in den Bereichen Kräuter, Moose und Flechten. Allein von den Moosen und Flechten sind jedoch fast 1000 Arten auf der Insel zu finden, neben rund 600 höheren Pflanzenarten. Der Gedanke eines Botanischen Gartens, in dem alle einheimischen Pflanzen vorgestellt werden, liegt also gar nicht so fern.
Im Botanischen Garten von Akureyri wurde dieser Gedanke umgesetzt. Wer sich für die Flora interessiert, findet hier die meisten einheimischen sowie einige hundert ausländische Pflanzenarten. An einem Hang über Akureyri in der Nähe des Krankenhauses befindet sich ein knapp 4 ha großer Park, in den der Botanische Garten integriert wurde. Der Ursprung der Anlage war eine Grünanlage, die Hausfrauen aus Akureyri um 1910 anlegten, um die Stadt zu verschönern. Die Frauen pflanzten hunderte Bäume und legten Blumenbeete an. Im Jahre 1957 kam der Botanische Garten dazu. Park und Garten sind öffentlich zugänglich und von Anfang Juni bis Ende September von 8 Uhr bis 22 Uhr geöffnet.
Geht man die Glerárgarta entlang, kommt man an einen Hügel, von dem man eine sehr gute Aussicht über die Stadt, den Eyjafjörður und das Skigebiet Hliðarfjall hat. Hier oben steht auch ein großes Monument, das 1957 vom isländischen Künstler Jónas Jakobsson geschaffen wurde. Das Denkmal „Helgi magri“ - „Der Siedler“ - erinnert an den gleichnamigen ersten Siedler Akureyris sowie an seine Frau Pórunn.
Wer der Stadt Akureyri einen Besuch abstattet, sollte nicht vergessen, auch einen Abstecher in die Umgebung zu unternehmen. Akureyri liegt am Eyjafjörður, der mit reichlich 50 km als längster Fjord Islands gilt. Auch die Breite von bis zu 24 km ist nicht zu verachten. Den Namen „Inselfjord“ erhielt er wahrscheinlich wegen der im Fjord liegenden Insel Hrisey. Für Taucher sehr interessant sind die weißen Raucher, heiße Geothermal-Quellen im Fjord.
Doch man muss nicht unbedingt unter Wasser, wenn man die Schönheiten des Eyjafjörður erleben will. Eine normale Autotour entlang der Ufer zeigt die Highlights der Landschaft und sorgt für unvergessliche Augenblicke. Von der Ringstraße 1 zweigen wenige Kilometer von Akureayri entfernt zwei Nebenstraßen ab, die Straßen 82 und die 83. Die 82 führt westlich des Fjords bis hinter den kleinen Küstenort Dalvik. Danach kann man den Ring um die Halbinsel fahren, um wieder auf die Ringstraße zu kommen.
Die Strecke ist jedoch teilweise in schlechtem Zustand, so dass man es sich mit einem PKW ohne Allradantrieb überlegen sollte. Wir waren die 82 einige Kilometer gefahren und hatten Abstecher über kleine Schotterwege direkt an die Küste unternommen. Eine Tour, die wir weiter empfehlen, denn vor allem in den Abendstunden ist der Blick über den Fjord bezaubernd. Die Straße 83 wiederum verläuft auf der Ostseite des Eyjafjörður ein kurzes Stück bis Grenivik. Dann geht es nicht viel weiter, die Straße geht in einen Pfad über, der nach einiger Zeit auch zu Ende ist.
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Autor: Michael Nitzschke, Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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