Gornergletscher und Gornergrat
Von den vielen Gletschern in den Bergen rund um Zermatt ist der Gornergletscher wohl der berühmteste; Während man die beiden anderen großen Gletscher Zmuttgletscher und Theodulgletscher zwar gerne von allen Seiten aus der Ferne betrachtet ist der Gornergletscher ein richtiger Gletscher zum Anfassen und zum Erkundigen von der Gletscher-Nährzone bis zum Gletscherbach.
Fahrt zum Gornergrat mit der Gornergrat-Monte-Rosa-Bahn
Auf der östlichen Seite von Zermatt stürzen gleich zwei große Gletscher von der linken und rechten Seite des Monte-Rosa in die Tiefe: links der Monte-Rosa-Gruppe der Findelengletscher und rechts davon der Gornergletscher. Zwischen diesen beiden Gletschern erhebt sich ein langgezogener Bergrücken bis zum Stockhorn; weiter oben verschwindet der Bergrücken dann ganz unter dem Gletschereis. Dieser Bergrücken wird als Gornergrat bezeichnet und die legendäre Eisenbahn, die von Zermatt aus diesen Berg bezwingt wird als Gornergratbahn oder auch Gornergrat-Monte-Rosa-Bahn bezeichnet.
Eine Fahrt mit der Gornergratbahn gehört zum absoluten Pflichtprogramm eines jeden Zermatt-Besuchers; Auch die meisten Eintagestouristen nehmen eine Fahrt auf den Gornergrat in ihr Besichtigungsprogramm auf. Es ist natürlich eine bequeme Sache, wenn man am normalen Bahnhof von Zermatt ankommt, nur die Straße überqueren muss und sich in den nächsten Zug in Richtung Gipfel setzen kann. Circa 40 € kostet ein Zugticket auf den Gornergrat hin und zurück pro Person - ein stolzer Preis für eine knapp 10 km lange Zugfahrt.
Die Gornergratbahn feierte unlängst ihren hundertsten Geburtstag; sie wurde im Jahre 1898 fertiggestellt und in Betrieb genommen. Auch wenn die Bahnfahrt zum Gornergrat ein sehr teures Vergnügen ist, so ist das Vergnügen wenigstens sehr groß und die Erinnerung an diese Eisenbahnfahrt wird lange währen. Die Freude an der Fahrt ist so richtig groß, wenn man zwei Tipps beachtet: Setzt man sich in Fahrtrichtung bei der Bergauffahrt nach rechts, so hat man die besten Ausblicke ins Tal hinunter und muss nicht über die Köpfe der anderen Passagiere blicken. Setzt man sich zudem in den letzten Wagen des Zuges, kann man in den Kurven den Zug fotografieren und sehen wie er sich um die schmalen Kurven schlängelt. Die Fenster im Zug lassen sich öffnen, so dass man herrliche Fotos machen kann.
Man hat den Zermatter Bahnhof kaum verlassen, da wird man bereits mit den ersten schönen Blicken belohnt: Man blickt quer über das Städtchen Zermatt hinweg bis zum Matterhorngipfel. Und plötzlich geht es auf der rechten Seite steil und tief ins Tal hinunter, der Zug überquert das über 100 Jahre alte Findelenbach-Viadukt, das man auch schon von Zermatt aus bestaunen kann. Die 40-minütige Fahrt zum Gornergrat hinauf ist keineswegs eine Non-Stop-Strecke; der Zug hält insgesamt vier Mal unterwegs. Den ersten Stop macht er an der Station Findelnbach, von wo aus man eine schöne einstündige Tour hinüber zum Grünsee machen kann.
Ein zweites Mal hält der Zug auf der 2222 m hoch gelegenen Station Riffelalp, wo sich das gleichnamige Hotel Ressort befindet. Eine kleine Straßenbahn, die kürzeste und höchst gelegene in der Schweiz, bringt die Gäste den halben Kilometer hinüber ins Hotel. Eigentlich sollte man hier aussteigen und zu Fuß weitergehen, aber die kommenden Kilometer mit dem Zug sollte man auch nicht verpassen, denn jetzt schlängelt sich die Bahn in freiem Gelände weiter hinauf zur 2582 m hoch gelegenen Station Riffelberg; Auch hier befindet sich ein gleichnamiges Hotel mit einem schönen Gartenrestaurant. Von hier aus ist der Aublick hinüber zum Matterhorn bereits atemberaubend, aber es kommt noch besser.
Der Zug hält ein weiteres Mal an der Station Rotenboden (2819 m Höhe). Von hier aus sind es nur ein paar Minuten zum idyllischen Riffelsee, in dem sich bei klarem Wetter und bei Windstille eindrucksvoll die Matterhorn-Pyramide spiegelt. Hier steigen auch erfahrene Bergsteiger aus, um in guten zwei Stunden zur 2795 m hoch gelegenen Monte-Rosa-Hütte zu gelangen und vielleicht am anderen Tag den Angriff auf die 4634 m hoch gelegene Dufourspitze zu wagen.
Schließlich erreicht man nach einer knappen Dreiviertelstunde Fahrtzeit die Station Gornergrat auf 3089 m Höhe. Hier war ich erstmals während meines Zermatt-Urlaubes von der Masse der Touristen schockiert. Auf der großen Station wimmelt es wie auf einem Ameisenhaufen; Fotografen behindern sich gegenseitig und die Tagesausflüger verbreiten Hektik. Da fällt es schwer, sich auf die fantastischen Ausblicke zu konzentrieren.
Von der Bahnstation aus steigt man noch 40 m auf den 3130 m hoch gelegenen Gornergrat-Gipfel hinauf ehe man sich voll und ganz dem Bestaunen der Bergwelt widmen kann. Man weiß gar nicht, in welche Richtung man zuerst schauen soll; natürlich fällt der Blick zunächst auf das einsam stehende Matterhorn, das von hier oben aber gar nicht so schön aussieht wie vom Tal. Inmitten einer felsigen und vereisten Hochgebirgslandschaft verliert der Gipfel eben einiges an Idylle; als weiße Pyramide im Hintergrund eines grünen Tales wirkt er irgendwie schöner und märchenhafter.
Rechts der Liskamm-Gruppe befindet sich die Breithorngruppe. Vom Gornergrat aus erkennt man schön die einzelnen Gipfel und Gletscher; Ganz rechts befinden sich das Klein Matterhorn (3883 m) und das Breithorn (4164 m). Zwischen Breithorn und der Ostspitze (4159 m) streckt sich der Breithorngletscher den Bergrücken hinunter. Es folgen die Breithorn-Zwillinge und die Roccia Nera, darunter der breite Schwärzegletscher.
Viel beeindruckender als der Blick zu den Viertausendern fand ich den Blick hinunter und hinüber zum Gornergletscher; erst jetzt wird einem so richtig klar, wie groß dieser Gletscher eigentlich ist und welche Eis- und Geröllmassen da talwärts transportiert werden. Der Gornergletscher entsteht praktisch zwischen den beiden jeweils über 4500 m hohen Bergruppen Monte Rosa und Liskamm und fließt das Tal hinunter bis zum Gletschertor, zu dem wir später noch wandern werden.
Wer an seinem ersten Tag in Zermatt auf den Gornergrat fährt, bestaunt vielleicht die mächtigen Berge und die glitzernden Gletscher ringsum. Wer die Gegend jedoch kennt und schon einige Wanderungen gemacht hat, der erkennt viele Wege und Stationen wieder, die er schon passiert hat. Besonders nachvollziehbar ist auf dem gegenüberliegenden Bergrücken die Seeenwanderung: Man sieht deutlich die Stationen Sunnegga, Blauherd und Rothorn und man erkennt auch die Wanderwege und den Badesee Leisee unterhalb von Sunnegga.
Wanderung zum Gletschertor
Nachdem wir nun mit der Gornergratbahn ganz nah an den Gornergletscher herangefahren sind und ihn in seiner mächtigen Größe bequem von oben bestaunen konnten, wird es nun Zeit den Gletscher zu "berühren". Wir machen eine Wanderung von der Station Furi aus bis zum Gletschertor des Gornergletschers.
An dieser Stelle muss ich eine schöne Sache am Wandern in den Zermatter Bergen erwähnen. Die Wanderung zum Gletschertor habe ich in keinem Wanderführer beschrieben gesehen, aber sie sollte zu einer der schönsten Wanderungen werden, die wir in Zermatt gemacht haben. Auf unserer Tour zum Gletschergarten haben wir unterwegs ein Schild gefunden, welches in Richtung Gletschertor wies. Die Neugierde war groß und die Wasservorräte ausreichend, so dass wir einfach mal in diejenige Richtung losmarschiert sind. Man braucht eigentlich gar keinen Wanderführer in Zermatt, man kann einfach mal aufbrechen und den Schildern folgen; so ist man permanent auf Entdeckertour und lässt sich überraschen, was der Tag noch bringt. Stationen für die bequeme und schnelle Rückfahrt gibt es ja in Hülle und Fülle.
Eine Frage möchte ich vorab kurz beantworten: Was genau ist eigentlich das Gletschertor? Ein Gletscher wird ganz oben in den Bergen mit frischem Schnee genährt und fliest mit langsamer Geschwindigkeit talabwärts. Im wärmeren Tal schmilzt der Gletscher und das milchige Gletscherwasser fließt als Gletscherbach das Tal hinunter. An der Stelle, wo das Wasser vorne an der Gletscherzunge austritt bildet sich oft eine Öffnung, welches als Gletschertor bezeichnet wird. Die Gletschermilch tritt also an der Gletscherunterseite vorne aus.
Die Wanderung im Gornertal findet in einer prächtigen Bergkulisse statt, wie sie schöner kaum sein könnte. Auf einem breiten Weg läuft man immer talaufwaerts dem Flüsschen entlang. Weiter hinten im Tal wird aus dem Weg nur noch ein schmaler Pfad, der sich jedoch gut begehen lässt. Man muss immer wieder anhalten um die traumhaft schöne Natur zu genießen. Der Liskamm (4527 m) rueckt immer näher; die Blicke talabwärts sind jedoch beeindruckender als in Richtung Gletscher. Die Gipfel von Ober Gabelhorn, Wellenkuppe und Zinalrothorn scheinen nach jeder Kurve immer noch schöner und prächtiger zu wirken.
Schließlich endet auch der Bergpfad und man muss die letzten Meter bis zu einem großen felsigen Sperrriegel über Steine kraxeln. Der Gletscher hat sich inzwischen zwar bis oberhalb dieser hohen Felswand zurückgezogen, aber man ist am Ende des Gornertales angelangt und hat eine wunderschöne Wanderung hinter sich. Das Gletscherwasser ist übrigens - wie soll es anders sein - eiskalt; man nähert sich immer wieder dem Fluss, so dass man einige "Wasserproben" entnehmen kann.
Wanderung zum Gletschergarten
Die Wanderung zum Gletschergarten haben wir zusammen mit der oben beschrieben Tour zum Gletschertor gemacht. Geplant war eigentlich nur die eineinhalbstündige Rundwanderung von Furi zum Gletschergarten und auf anderem Wege zurück. Der oben beschriebene Abstecher zum Gletschergarten hat uns weitere eineinhalb Stunden gekostet, war aber sehr lohnenswert. Den Gletschergarten erreicht man von Furi aus auf einem bequemen breiten Wanderweg, den auch Kinder ohne Probleme gehen können. Und wer die kurze Strecke nicht am Stück gehen will, der findet unterwegs und am Ziel eine Picknick-Station, wo man in einem schattigen Plaetzchen seine Brotzeit machen kann.
Was ist nun der Gletschergarten, was gibt es hier zu sehen? Schon auf dem Weg zum Gletschergarten fallen einem immer wieder schön glatt polierte Felsen auf. Da wird doch nicht einmal ein Gletscher gearbeitet haben, oder? Doch! Es ist gar nicht allzu lange her, dass sich der Gornergratgletscher so weit ins Tal hinunterzog, dass die Bergbauern sogar befürchteten, dass er ihr ganzes Land und ihre Hütten verschlucken würde.
Im Gletschergarten findet man schließlich Relikte aus dieser Gletscherzeit. Abgerundete Felsen haben vom Gletschereis polierte Flächen. Gletschertöpfe sind rundliche Löcher im Boden, die einst das herabstürzende Gletscherwasser aushobelte und glatt schmirgelte. Über gesicherte Holzbrücken kommt man ganz nah an die Töpfe heran und kann sogar in die Felsen hinein und hinunter steigen. Der Gletschergarten ist kleiner als ich erwartet hatte, aber man bekommt eindrucksvoll zu sehen, was ein Gletscher im Laufe der Zeit bewirken und zustandebringen kann.
Wanderung durch die wildromantische Gornerschlucht
Jetzt haben wir den Gornergletscher ganz oben besucht, sind den Gornerbach entlang bis zu seinem Gletschertor gewandert und haben uns im Gletschergarten seine frühen Machenschaften angeschaut; Ein weiteres Highlight, das uns der Gletscherbach bietet, liegt quasi direkt vor der Haustüre. Bevor sich der Gornerbach mit den anderen Gletscherbächen in Zermatt zur Matter Vispa vereint stürzt er in der Gornerschlucht einige Zig Meter tief zu Tale.
Die Gornerschlucht erreicht man vom Zentrum Zermatts aus innerhalb einer halben Stunde auf einem breiten Wanderweg. Der Weg ist gut beschildert, man folgt einfach immer der Seilbahn Gletscher-Express. Am Eingang zur Gornerschlucht muss man ca. 3 € löhnen. Dann folgt eine halbstündige Wanderung über Brücken, Treppen und schmale Wege entlang der Felsen. Es geht zwar tief in die Schlucht hinunter, aber der Weg ist stets gut gesichert so dass er auch von Familien mit Kindern begangen werden kann.
Der Gornerbach hat sich im Laufe der Jahrtausende eine tiefe Schlucht in die Felsen gegraben. Das Wasser stürzt kaskadenartig in die Tiefe. An manchen Engstellen ist die Strömungsgeschwindigkeit so hoch, dass einem fast schwindelig wird, wenn man länger hinschaut. Wo das Wasser so richtig reißend ist und weit in die Tiefe stürzt sind die Geräusche des Sprudelns und Tösens so laut, dass man sich kaum noch unterhalten kann. Wer übrigens glaubt, dass die Wanerung durch die Gornerschlucht eine trockene Angelegenheit ist, da das Wasser ja tief unter einem hindurchfließt, der irrt! Immer wieder wird man mit feinstem Sprühregen bestäubt; ich empfand diese kleinen Erfrischungen jedoch als sehr angenehm und beruhigend.
Nach einer halben Stunde kommt man auf der anderen Seite der Schlucht wieder heraus. Es gibt mehrere Wege zurück nach Zermatt (aber auch weiter den Berg hinauf). Wir sind über die kleinen Weiler Schöner Boden und Winkelmatten zurückgegangen und haben uns die schönen Häuschen und Stadel angeschaut. Die Tour zur Gornerschlucht ist übrigens auch eine ideale Tour für einen Schlecht-Wetter-Tag, denn in der Schlucht spielt es keine Rolle, ob die Sonne scheint oder der Himmel bewölkt ist; man sieht eh kaum über die Felswände hinaus.
Den Gletscher überqueren zur Monte-Rosa-Hütte
Durch die Wanderung zum Gletschertor haben wir den Gletscher schon berührt. Wer aber so richtig mit dem Gornergletscher in Kontakt kommen möchte, der muss ihn überqueren: Von der 2819 m hoch gelegenen Station Rotenboden aus führt mehr oder weniger ein Weg zur 2795 m hoch gelegenen Monte-Rosa-Hütte hinüber.
Der Abstieg zum Gletscherrand ist noch für jedermann machbar und sogar ein richtiges Vergnügen. Dann heißt es "nur" noch, den Gletscher zu überqueren und "schon" ist man in der Monte-Rosa-Hütte. Was jetzt kommt ist jedoch eine sehr anspruchsvolle Gletscherwanderung, die erfahrenen Alpinisten vorenthalten ist. Da der Gletscher ja ständig in Bewegung ist, ändert sich die Route natuerlich jedes Jahr. Markierungsstangen helfen einem den Weg zu finden. Aber wie schon gesagt, für diese Bergtour ist entsprechende Ausrüstung und Erfahrung erforderlich.
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