Toledo - der "Schmelztiegel" der Christen, Juden und Muslimen
Ein Besuch von Madrid ist äußerst abwechslungsreich und vermittelt faszinierende Eindrücke. Um das Ganze abzurunden, sind verschiedene Ausflugsziele in die Umgebung Madrids sehr empfehlenswert, die alle ungefähr eine Stunde von der spanischen Hauptstadt entfernt sind. Die Ausflüge geben Einblicke in die wertvolle Geschichte des ganzen Gebiets um Madrid, sie geben eine andere Perspektive, da man mehr als nur Madrid betrachtet und sie geben einem die Möglichkeit, einmalige Bauwerke und Natur zu erleben, wie sie nirgendwo sonst so zu sehen sind.
Abendländische Kirchen, sehr enge Gassen und ein maurischer Baustil, den nahezu alle Gebäude im Zentrum gemeinsam haben - befinden wir uns bei Arabern? Fast. Geographisch befinden wir uns in Toledo, in einer der ältesten Städte Spaniens etwa 70 Kilometer südwestlich von Madrid. Toledo bietet eine einzigartige Historie, woran zahlreiche Bauten und Museen erinnern.
Ein geschichtlicher Überblick
Toledo war die Hauptstadt der iberischen Carpetaner, der Römer 192 v. Chr., die Toledo "Toletum" nannten und zum Schluss der Westgoten 534 - 712.
712 übernahmen arabische Truppen die Kontrolle über "Tolaitola". Auch Juden und Christen lebten dort friedlich zusammen. Die regierenden Araber veranlassten Bauten von Moscheen, Koranschulen und ließen reichlich arabische Architektur mit einfließen. Trotzdem herrschten Glaubensfreiheit und gegenseitiger Respekt - eine Lebensweise, die sich heute viele wünschen, aber bereits für utopisch halten. Bis 1580 war die Amtssprache arabisch; einige Wörter sind im spanischen Sprachgebrauch erhalten geblieben, wie etwa das Wort "almohada" (langes Kopfkissen). Die Bedeutung der Stadt Toledo wuchs durch wirtschaftlichen Wohlstand. Besonders angesehen waren die Waffenfabrik und die Seidenherstellung. Auch heute noch sehr bekannt sind die Toledaner Stahlklingen und Einlegearbeiten in Gold und Silber, die als Tradition sehr geschätzt werden.
Die Spuren der damaligen Bewohner sind, wie am Anfang schon gesagt, auch heute noch zu sehen. Die engen Gassen, vielen Sackgassen und hohen Häuser sind für Autos sicherlich nicht empfehlenswert - für das Auge aber sehr reizvoll. Die hohen Häuser, vergitterten Fenster und schweren Türen geben uns das Gefühl, wir wären in die Vergangenheit zurückversetzt. Im Unterschied zu damals ist die touristische Infrastruktur Toledos jedoch bedeutend gewachsen. An vielen Ecken befinden sich Souvenirläden, die ganz oft Schwerter und Ritterzubehör anbieten - wer auch immer das gebrauchen kann.
Sehenswürdigkeiten in Toledo
Für den Besuch der Sehenswürdigkeiten besorgt man sich am besten einen Stadtplan an einer Touristeninformation; so kann man den Rundgang am besten koordinieren; Welche Sehenswürdigkeiten sind nun besonders empfehlenswert?
Von Weitem ragen bereits der Alcazar und die Kathedrale Toledos hervor, zwei Bauten mit Geschichte. Der Alcazar ist der höchste Punkt Toledos und liegt in der Naehe der Plaza Zocodover, die schon früher Stadtmittelpunkt war: Versammlungen, Märkte und Hinrichtungen unter den Augen der ganzen Menge fanden auf ihr statt. Der Alcazar wurde im 16. Jahrhundert konstruiert und erinnert mit seinem strengen Baustil etwas an das Regierungskloster des Escorials. Früher war in ihm eine Kriegsschule untergebracht, heute beinhaltet er Uniformen und Waffensammlungen.
Die Kathedrale, die wohl zweitwichtigste gotische Kirche von ganz Spanien, befindet sich östlich der Plaza de Ayuntamiento, die nach dem Rathaus (Ayuntamiento) benannt ist. Sie wurde tatsächlich von 1227 bis 1493 erbaut, was bei den Dimensionen und bei der wertvollen Gestaltung allerdings auch kein Wunder ist: 110 Meter Länge misst sie mit ihren fünf Kirchenschiffen. Links vom Haupttor wurden früher die Armen versorgt, woher der Name Milchbrottor (Puerta de Mollete) stammt.
Wie in vielen Kathedralen sind auch in dieser sehr viele Gemälde vorzufinden, besonders in der Sakristei: Berühmte Maler wie El Greco, Francisco de Goya, Mengs und Van Dyck haben biblische Szenen abgebildet. Die Gefangennahme Christi war ein beliebtes Motiv, in dem die Maler ihre Vorstellungskraft freien Lauf ließen.
Der Chor ist überaus sehenswert mit seiner Schnitzkunst. Unwillkürlich kommt die Frage auf, wie lange an dem Werk wohl geschnitzt wurde, wo die Eroberung Granadas und biblische Szenen dargestellt sind. Besonders berühmt in der Kathedrale ist der Domschatz, der unübersehbar ist.
Nicht nur die Araber sondern auch die jüdischen Bewohner haben Spuren hinterlassen, wie in dem ehemaligen jüdischem Viertel namens Plaza de Conde. Sehenswert in dem Viertel sind die Kirche Santo Tomé, das Museo El Greco und die etwas entfernte Synagoge Transita. Die Kirche Santo Tomé war ursprünglich eine Moschee, wurde dann aber in eine gotische Kirche umgestaltet. Das Casa und Museo El Greco ist ein typisch toledanisches Wohnhaus, wo noch die Möbel und zahlreiche Werke des Malers erhalten sind. Ob er jedoch tatsächlich dort lebte ist ungewiss; der eigentliche Eigentümer war der jüdische Bankiersohn Samuel Ha-Levi, nach dem auch die Straße benannt ist.
An den ganzen Kunstläden vorbei - die wie fast alle anderen auch neben Porzellan, Fächer und Textilien wieder die berühmten Schwerter anbieten - gelangt man an die Synagoge Tránsito; Gestiftet wurde sie von Samuel Ha-Levi und beinhaltet auch ein kleines Museum, welches die Geschichte der Juden in Spanien erzählt und typische Riten sowie Gegenstände zeigt. Im oberen Stockwerk wird der Lebenszyklus von der Geburt über das Wachstum und Hochzeit bis zum Tod mit vielen Traditionen beschrieben.
Besonders schön ist der leise Gesang in der Eingangshalle, der ein besonderes Ambiente zaubert. Sonst wirkt die Tránsito weniger wie eine Synagoge sondern mehr wie ein Museum, das aber auf jeden Fall einen Besuch wert ist; Rechts vom Ausgang hat man ein Stückchen entfernt eine schöne Aussicht auf den Fluss, auf die Felsen und vertrockneten Pflanzen - so schön wie eine Aussicht sein kann bei 38°C.
Unter den zahlreichen Sehenswürdigkeiten möchte ich noch zum Schluss das Museo de Santa Cruz und das Hospital de Tavera erwaehnen. Das Museo de Santa Cruz zeigt Ausgrabungen der Römer und Westgoten - wahre archäologische Schätze. Darüber hinaus sind viele Gemälde von Goya und El Greco sowie Kunst in Form von Skulpturen, Glas und Keramik zu sehen.
Das Hospital de Tavera entstand im Jahre 1599 und wurde nach dem Kardinal Tavera, seinem Stifter, benannt. Das Hospital ist ein privat geführtes Museum, in dem man die Kirche und einige Wohnräume mit vielen Kunstgemälden besichtigen kann.
Nach so vielen Besichtigungen hat man sich eine Pause redlich verdient - besonders ein Besuch im Sommer ermüdet immens. Zum Glück gibt es außerhalb der Stadtmitte einige Parkanlagen, die zur Siesta einladen, bevor es wieder nach Madrid zurück geht.
Weitere Informationen zu Toledo
Um nach Toledo zu kommen, hat man mehrere Möglichkeiten; Am schnellsten geht es mit dem Zug ab der Metrostation Atocha (L1) in Madrid. Der Bus braucht aber nur etwas länger und fährt bei der Estación Sur bei der Metrostation Méndez-Alvaro (L6) ab. Wer sich für die Umgebung einen Mietwagen nimmt, gelangt über die Straße N V in Richtung Talavera und die N 401 nach Toledo.
Sonntags und montags haben viele Sehenswürdigkeiten geschlossen; das Gleiche gilt für die langen Mittagspausen. Wer im Sommer Madrid und die Umgebung besuchen möchte, muss mit extrem hohen Temperaturen rechnen (in Toledo ist die Hitze noch extremer als in Madrid), so dass man auf jeden Fall an hohen Sonnenschutz und sehr viel Flüssigkeit denken muss.
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Autor: Stefanie Kotulla; Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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