Rund um das Holstentor von Lübeck
Wenn Lübeck ein Wahrzeichen hat, das in aller Welt bekannt ist, dann ist es das Holstentor. Es ist das markanteste der Lübecker Stadttore, von denen es einmal ziemlich viele gab. Übrig geblieben sind davon jedoch nur das Holstentor und das Burgtor. Das Burgtor ist architektonisch sicher nicht weniger wertvoll als das Holstentor, doch dieses erscheint um einiges prächtiger und wird so zum Anziehungspunkt für Touristen.
In der näheren Umgebung des Holstentores konzentrieren sich einige bedeutende Sehenswürdigkeiten der ehemaligen Hansestadt. Zudem befinden sich hier Haltestellen vieler Buslinien, so dass auch aus diesem Grund der Platz am Tor zu den belebtesten Lübecks gehört. Die Salzspeicher, das Figurentheater-Museum sowie der romantische Malerwinkel sind weitere Sehenswürdigkeiten in unmittelbarer Nachbarschaft des Holstentores.
Das innere Holstentor, Lübecks Wahrzeichen
Lübeck hat enorm viele Sehenswürdigkeiten, doch ohne Zweifel ist die bekannteste das Holstentor. Das liegt daran, dass überall mit ihm für den Tourismus in der Stadt geworben wird. So richtig berühmt wurde das Tor aber zwischen 1962 und 1991, als es den 50 D-Mark-Schein zierte, außerdem dient es als Motiv für das Logo des Deutschen Städtetages.
Heute steht das Holstentor auf einem relativ großen freien Platz und ist so mit seinem markanten Äußeren gut und klar zu erkennen. Doch das war nicht immer so, über lange Zeit war es eines von vier Toren in den westlichen Stadtmauern. Wer damals aus Richtung Westen anreiste, bekam vom Holstentor vorerst nur die Turmspitzen zu sehen. Erst nach dem Passieren des Renaissancetores von 1585, das in den die Stadt umschließenden Erdwall eingebettet war, fiel der Blick auf das Holstentor. Erschwert wurde der Blick noch durch einen Knick im Weg zwischen den Toren. Der sollte Feinden das Eindringen erschweren und zudem die Zollkontrolle erleichtern. Die vollbeladenen Wagen mussten hier einfach im Schritttempo durch.
Drei der vier Tore im Westen wurden zwischen 1794 und 1854 abgerissen. Das äußere Holstentor musste 1853/54 dem Bau der Eisenbahn weichen, in dessen Folge die Wälle abgebaut und die Fläche zwischen Bahnhof und Stadt aufgeschüttet wurde. Hier entstand eine Grünanlage. Beinahe hätte auch für das innere Holstentor, das heutige Wahrzeichen der Stadt, die letzte Stunde geschlagen. Im 19. Jahrhundert war es ziemlich baufällig und auf der Stadtseite nur durch eine schmale Brücke über die Trave mit der Altstadt verbunden. Für die damalige Zeit der technischen Revolution wurde es so eher zum Hindernis. Als wir das erfuhren jubelten wir noch im Nachhinein, dass bei der Abstimmung 1863 der Abriss mit nur einer Stimme Mehrheit abgelehnt wurde. Heute könnte man sich Lübeck ohne das Holstentor kaum vorstellen, doch dank dieser einen Stimme restaurierte man das Tor und ersetzte die alte enge Brücke durch einen breiten Übergang über die Trave. Damit war der Weg des Holstentores zum Wahrzeichen der Stadt frei.
Gefährdet war es trotzdem noch, denn schon beim ersten Bau des Tores neigte es sich in Richtung Westen. Schuld daran war der morastige Untergrund. In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts musste es deshalb erneut gesichert werden. Eine gewisse Schräglage hat das Tor jedoch behalten, was ihm ein zusätzliches Interesse der Besucher einbringt. Seit 1948 befindet sich das stadtgeschichtliche Museum im Gebäude. Ob sich der Besuch dieses Museums lohnt, möchten wir aber bezweifeln. Es gibt unserer Ansicht nach interessantere Museen.
Was uns beim Betrachten des Tores auffiel, war der Unterschied in den Fassaden der Stadtseite und der Außenseite. Während die Stadtseite mit zahlreichen großen Fenstern verziert ist und dadurch insgesamt prächtiger wirkt, zeigt sich dem Betrachter auf der der Stadt abgewandten Seite vorrangig Mauerwerk, nur unterbrochen von kleinen Schießscharten. Daran konnten wir noch deutlich die ehemalige Funktion als Verteidigungsbauwerk erkennen. Schließlich kamen die Feinde im allgemeinen von außen.
Eingeweiht wurde das spätgotische innere Holstentor im Jahre 1478. Ein Grund für den Bau des imposanten Tores waren die Dänen, die damals das holsteinische Land beherrschten. Die freie Reichsstadt Lübeck setzte sich mit dem Bau gewissermaßen ein Denkmal der hanseatischen Macht, auch wenn diese zu der Zeit schon zu bröckeln begann. Imposant ist es mit seinen vier Stockwerken und den teilweise bis zu 3,50 Meter dicken Mauern auf jeden Fall. Interessant am Tor ist auch, dass die beiden Türme, die durch einen Mittelbau verbunden sind, auf jeder Seite anders wirken. Auf der Stadtseite erscheinen sie mit dem Mittelbau als Einheit, auf der äußeren Seite stehen die Türme deutlich vor. Die lateinische Inschrift „Concordia Domi Foris Pax“ - auf Deutsch „Eintracht innen, draußen Frieden“ - wurde allerdings erst nachträglich angebracht und soll das Ideal Lübecks beschreiben, nämlich sich aus Kriegshandlungen möglichst heraus zu halten. Der Handel brachte Lübeck einen weitaus größeren Nutzen.
Kommt man aus Richtung des Bahnhofs überquert man auf dem Weg in die Innenstadt durch das Holstentor die Puppenbrücke. Mit Puppen hat die allerdings nur bedingt zu tun, der Name kommt von acht Statuen römischer Gottheiten, die im 18. Jahrhundert auf der Brücke aufgestellt wurden. Anlass zu so manchem Gerücht bietet dabei Merkur, der dem Ankommenden das blanke Hinterteil präsentiert. Was die Lübecker damit den Besuchern sagen wollten, das bringt noch heute zahlreiche Spekulationen hervor.
Zwischen der Brücke und dem Holstentor steht in einer Anlage ein Gebäude, das uns an so manche freiwillige Feuerwehr erinnerte. Doch weit gefehlt, das 1926 erbaute rote Backsteinhaus .- die Holstentor-Halle - steht unter Denkmalschutz und gehört zu den Werken des Backsteinexpressionismus. Das schmucke Aussehen verdankt es der Stiftung Emil Possehls, aus der mit mehreren Millionen die Restaurierung bezahlt wurde.
Die Salzspeicher, ehemaliger Lagerplatz des „Weißen Goldes“
Speisesalz ist heute für geringe Centbeträge in jedem Supermarkt zu bekommen. Da kann man schon leicht übersehen, dass dies nicht immer so war und Salz über lange Zeit eines der begehrtesten und richtig Geld bringendes Handelsgut war. Der Handel mit dem „Weißen Gold“ war eines der Erfolgsgeheimnisse für den Reichtum und die Macht Lübecks.
Angeliefert wurde das Salz per Fuhrwerk über den Landweg oder später auch per Kahn über den Stecknitz-Kanal und in der Hansestadt in den Salzspeichern gelagert. Das sind sechs miteinander verbundene Giebelhäuser in der typischen Backsteinbauweise, direkt neben dem Holstentor am Ufer der Trave. Erbaut wurden sie in den Jahren von 1579 bis 1745. Anfangs lagerten hier allerdings eingesalzene Heringe, die aus Südschweden kamen. Schon bald merkten die Lübecker jedoch, dass der Handel mit Salz lukrativer war und so dienten die Häuser weiter der Lagerung von Salz, jedoch ohne Heringe. Das „Weiße Gold“ wurde dann nach Russland, ins Baltikum und nach Skandinavien geliefert, im Gegenzug kamen Erze, Tran und wertvolle Pelze.
Wir fanden den Anblick der sich im Wasser spiegelnden Backsteinhäuser toll, leider sind sie aber nur von außen zu besichtigen. Bange Menschen behaupten, das würde an den Vampiren in den alten Mauern liegen. Da wir einigermaßen aufgeklärt sind, wissen wir jedoch, dass lediglich Nosferatu hier war – und das auch nur zweimal. In den Salzspeichern wurden nämlich Szenen für Murnaus Stummfilm-Klassiker „Nosferatu“gedreht, genauso wie für das Remake mit dem beklemmend echt wirkenden Klaus Kinski.
Das Theaterfiguren-Museum
Ein Museum ist das Theaterfiguren-Museum schon, doch kein einzelnes Gebäude. Das außergewöhnliche Museum erstreckt sich über fünf alte und romantische Kaufmannshäuser in einem versteckten Winkel der Altstadt, nur wenige Meter vom Holstentor und den Salzspeichern entfernt. Mit einer gesamten Ausstellungsfläche von etwa 500 Quadratmetern gilt es als weltgrößtes Museum zum Thema Figurentheater.
Die ca. 400 Jahre alten Kaufmannshäuser passen unserer Ansicht nach hervorragend zum Thema, immerhin wird hier viel Interessantes und Wissenswertes aus mehreren Jahrhunderten Figurentheater erzählt und gezeigt. Das dieses Thema weltweit von Interesse ist, zeigen die Exponate von verschiedenen Kontinenten. Wer nicht allein auf Entdeckung gehen will, kann sich per Anfrage auf Deutsch oder Englisch durch die Ausstellung führen lassen. Es gibt auch ein Quiz, natürlich passend zum Thema.
Zu verdanken ist dieses nicht alltägliche Museum dem Sohn einer Puppenspielerfamilie, Fritz Fey Junior, der sich über viele Jahrzehnte dafür engagierte. Wer selbst einmal ein Puppenspiel erleben möchte, kann das im angrenzenden Figurentheater Lübeck, in dem Stücke für Kinder aber auch für Erwachsene gespielt werden.
Ebenfalls in restaurierten denkmalgeschützten historischen Gebäuden befindet sich nur wenige Meter entfernt die Musikhochschule Lübeck, die einzige Musikhochschule Schleswig-Holsteins. Die prachtvollen Fassaden stammen aus dem Rokoko und dem Klassizismus. Seit einigen Jahren gehört auch die Holstentor-Halle auf der anderen Seite der Trave zur Schule. Hier befinden sich ein Musikstudio, Hörsäle sowie Übungsräume.
Am Malerwinkel, Lübecks besonders schönem Ort
Sucht man einen Ort nach dem Motto „Wo Lübeck besonders schön aussieht“, dann hat man am Malerwinkel ausgezeichnete Karten. Viele Künstler hatten dies früher auch schon bemerkt, saßen hier am Ufer der Trave und zeichneten voller Begeisterung den eindrucksvollen Blick auf die Altstadt. So kam dieser Flecken zu seinem Namen. Den besten Anblick hat man dabei vom anderen Ufer nach dem Überqueren der Fußgängerbrücke an der Dankwartsgrube.
Dabei war dieser wunderschöne Teil der Altstadt vor Jahrhunderten alles andere als romantisch. Alles war überaus eng bebaut und die hygienischen Verhältnisse spotteten – wie so oft zur damaligen Zeit – jeder Beschreibung. Zudem teilten sich den engen Raum noch zahlreiche Nutztiere mit den Bewohnern. So wundert es nicht, dass immer wieder Seuchen auftraten. Im Jahre 1350 raffte die Pest ein Viertel der gesamten Bevölkerung Lübecks dahin.
Heute gibt es diese Probleme glücklicherweise nicht mehr und wir konnten den Blick auf diesen Teil der Altstadt sowie das Spazieren durch die eindrucksvollen Gassen richtig genießen. Hier fanden wir auch noch viele der Lübecker Gänge, jene meist sehr niedrigen Durchgänge, die zu den Hinterhöfen mit den „Buden“ - winzigen Häuschen - führen und eine Spezialität der Hansestadt darstellen. Das dieses Viertel etwas Besonders ist, zeigt sich auch daran, dass hier Szenen für den Buddenbrook-Film gedreht wurden.
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Autor: Michael Nitzschke, Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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