Die Geschichte der Türkei mit Kappadokien
Kappadokien war eines der Gebiete, in denen sich schon wenige Jahrhunderte nach der Kreuzigung Jesus die christliche Religion durchsetzte, es gehörte somit zu den Wegbereitern dieser Religion. Das war – wie meist im Oströmischen Reich - die griechisch-orthodoxe Richtung. Noch heute zeugen zahlreiche Felsenkirchen mit wunderbaren Fresken von diesen Anfängen.
Ansonsten ist die gesamte Türkei ein überaus geschichtsträchtiger Ort. Schon vor reichlich 10.000 Jahren siedelten hier Menschen und erbauten erste Städte. Die Einwohner der heutigen Türkei wechselten mehrmals, so herrschten über lange Zeit die Hethiter, die ein mächtiges Reich erschufen. Später kamen Griechen, die bis ins 20. Jahrhundert in Kappadokien lebten. Natürlich waren auch die Römer hier, von deren Baukunst noch viele historische Siedlungen und Städte zeugen – wenn auch meist als Ruinen.
Die Türken – Angehörige der Turkvölker - besiedelten das Gebiet im geschichtlichen Sinn erst relativ spät. Über Jahrhunderte regierte ihr Osmanisches Reich aber weite Teile Asiens, Nordafrikas und Europas. Selbst bis Wien waren sie gekommen, doch dort wurden die Heere des Sultans gestoppt. Die moderne Türkei entstand nach dem 1. Weltkrieg, ihr Gründer – Atatürk, der „Vater der Türken“ - setzte auf einen radikalen Wandel, der jedoch immer mehr Schritt für Schritt aufgeweicht wird.
Von den ersten Siedlern bis zu den Persern
Auf dem Gebiet der heutigen Türkei, also auch das Zentralanatoliens, wurden schon sehr frühe Siedlungen nachgewiesen. Die ersten hier lebenden Menschen waren Jäger und Sammler, die z.B. Höhlen an der Südküste bewohnten. Das war vor mehr als 150.000 Jahren. Mit dem Beginn der Viehzucht und des Ackerbaus wurden die Menschen sesshaft und gründeten im Landesinneren vor rund 10.000 Jahren Siedlungen, die guten Gewissens schon als kleine Städte bezeichnet werden können.
Einen großen Kultursprung gab es noch einmal vor etwa 5000 Jahren in der Bronzezeit, als auch das Spinnen und Weben seinen Anfang nahm und außerdem der Handel mit anderen Kulturen für einen regen Austausch von Waren und Ideen sorgte. So kam auch die Schrift nach Anatolien. Ein erstes bedeutendes Reich – für die damaligen Kenntnisse ein Großreich – gründeten die aus dem Kaukasus kommenden Hethiter. Deren bedeutende kulturelle Zeugnisse sind noch heute an vielen Orten der Türkei zu finden, auch in Kappadokien und Umgebung sowie an der Südküste. Ein touristischer Höhepunkt sind z.B. die Ruinen der hethitischen Großstadt Hattuscha. Das Zentrum dieses Reiches befand sich nahe Kappadokiens.
Selbst solch große und bedeutende Reiche existieren jedoch nicht ewig. Auch die Hethiter mussten sich phrygischen Stämmen aus Südeuropa beugen, die um 1200 v.Chr. das Hethiterreich überrannten und die Hauptstadt Hattuscha zerstörten. Nach vielen Jahren, in denen das ehemals blühende Land in die Barbarei zurück fiel, entstand unter den phrygischen Königen Gordios und Midas ein neues Reich.
Auf Gordios, den Gründer des pgrygischen Reiches, geht die berühmte Sage vom Gordischen Knoten zurück. Es war Alexander der Große, der 334/333 v. Chr. in der Stadt Gordion verbrachte und hier den legendären Knoten zerschlug, mit dem König Gordion vor langer Zeit Joch und Deichsel eines geweihten Wagens verbunden hatte. Derjenige, der diesen Knoten löste, sollte die Welt beherrschen. Alexander zerschlug ihn einfach und die Weissagung traf relativ genau zu. Lange konnte er sich allerdings nicht daran erfreuen, schon 323 v.Chr. - im Alter von erst 33 Jahren – starb er.
Midas, der Nachfolger Gordios, sollte laut einer Sage vom Gott Dionysos verlangt haben, dass alles, was Midas berührte, zu Gold würde. Midas merkte jedoch schnell, dass er sich damit ein „Kuckucksei“ gelegt hatte, denn selbst seine Speisen und Getränke verwandelten sich in Gold, so dass er verhungern und verdursten musste. Seine Priester rieten ihm, im Fluss Paktolos zu baden und so den Fluch los zu werden. Das Gold blieb im Fluss und wurde zur Grundlage des legendären Reichtums von König Krösus.
Dieser König Krösus war einer der Herrscher des Lyderreiches, die die Nachfolge der Phrygier antraten. Um 680 v.Chr. standen die Lyder auf dem Zenit ihrer Macht, die bis an die Westküste Kleinasiens reichte. Der sagenhafte Krösus entschloss sich aber zu einem Krieg gegen die Perser, was ihm und seinem Reich zum Verhängnis wurde. Im Jahre 546 v. Chr. schlugen die Perser in Kappadokien Krösus, zerstörten seine Hauptstadt und rissen die Macht an sich.
Perser, Griechen und Römer in Anatolien
Das persische Reich war ein Großreich mit ungeheurer Macht und Bedeutung, doch in Anatolien hinterließ es nur wenige Spuren. Das lag sicher auch daran, dass dieses Gebiet für die Perser lediglich als Raum für ihre Eroberungszüge gen Westen interessant war. Eine der wichtigen Neuerungen war die Anlage von Straßen, die natürlich für militärische Zwecke gebraucht wurden, aber auch eine Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung und den Handel waren. Von Ephesus führte die berühmte Königsstraße über Kappadokien zur persischen Metropole Susa.
Mit Alexander dem Großen endete die Vormachtstellung der Perser im Jahre 334 v.Chr. Damit breitete sich die griechische Kultur auch in Anatolien aus. Das sollte noch lange nachwirken, denn bis ins 20. Jahrhundert hinein dominierten griechisch-stämmige Menschen Kappadokien. Nach dem Tod Alexanders zerfiel das Gebiet in zwei Reiche, jeweils geführt von den ehemaligen Generälen Alexanders. Lysimachos beherrschte den Westen, Seleukos den Osten. Anatolien wurde in viele kleinere Königreiche aufgeteilt, darunter das Königreich von Kappadokien unter dem Perser Ariarathes.
Es gibt kaum ein Land im Mittelmeerraum, das nicht in die Hand der Römer fiel. So auch Anatolien und das Reich von Pergamon, auf dessen Seite sich die Römer im Kampf gegen die Seleukiden gestellt hatten. 133 v.Chr. erbten die Römer dieses Reich vom Herrscher Atalos III. Mehrmals versuchten Könige aus Kleinasien, die Römer von hier zu vertreiben, doch das gelang nicht. Der römische Feldherr Pompejus siegte endgültig und Kleinasien wurde zur Provinz Roms. Noch heute zeugen davon viele prachtvolle Bauten, u.a. die römischen Theater von Aspendos und Termessos.
Byzanz und das Osmanische Reich
Auch das Römische Reich hatte bekanntlich keine unbegrenzte Lebensdauer. Seine Macht bröckelte immer mehr und mit Kaiser Konstantin, der das Christentum zur Staatsreligion erhob, begann das endgültige Aus. Konstantin verließ Rom und ernannte Byzanz in Kleinasien zur neuen Hauptstadt. Später wurde die Stadt nach ihm benannt, das prächtige Konstantinopel – das heutige Istanbul - war über viele Jahrhunderte die Hauptstadt Ostroms. Das Römische Reich hatte sich gespalten, in das Oströmische Reich mit Konstantinopel als Hauptstadt und das Weströmische Reich mit der Hauptstadt Rom.
Im 6. Jahrhundert erlangte dieses Reich seine größte Blütezeit und Ausdehnung. Kleinasien bis zum Iran, der Balkan und der Süden Italiens, alle diese Gebiete gehörten zum Oströmischen oder auch Byzantinischen Reich. Der Niedergang begann im 7. Jahrhundert mit dem Vorrücken arabischer Stämme aus dem Osten. Ab dem Ende des 11. Jahrhunderts rückten dann die Seldschuken, ein Turkvolk, aus Kirgisien an und eroberten ganz Zentralanatolien einschließlich Kappadokiens. Doch nicht nur die Muslime sondern auch die Christen bekämpften zeitweise Konstantinopel. Der 4. Kreuzzug richtete sich gegen diese Stadt, um den römisch-katholischen Glauben zu bringen und den griechisch-orthodoxen abzuschaffen. Das gelang für einige Zeit, doch 1261 wurde Konstantinopel zurück erobert.
Ab dem 14. Jahrhundert breiteten sich die Turkvölker immer mehr nach Westen aus und eroberten schließlich 1453 Konstantinopel, was das Ende des Byzantinischen Reiches bedeutete. Es begann die Blütezeit des Osmanischen Reiches, benannt nach dem Herrscher Osman. Nun folgten Eroberungen in Folge, zuerst die Südküste der Türkei, dann Ägypten und Syrien. Auf dem Höhepunkt der Macht erstreckte sich das Osmanische Reich über den Balkan bis nach Ungarn, über Teile Nordafrikas sowie Georgien und Aserbeidschan. Zweimal wurde Wien belagert, doch hier scheiterten die Heere des Sultans. Die zweite Niederlage 1683 bedeutete den Beginn des Niedergangs dieses großen Reiches. Der zog sich allerdings über einen langen Zeitraum hin.
Die osmanischen Herrscher verpassten die Reformierung und Modernisierung ihres Reiches. Die zahlreichen Kriege ruinierten auf Dauer die Wirtschaft und der Anschluss an die beginnende industrielle Revolution wurde regelrecht „verschlafen“. Auch der Putsch der Armeeoffiziere und die erzwungene Abdankung des Sultans bedeuteten nur einen Aufschub und keine grundlegende Wandlung. In den Balkankriegen 1912/13 verlor das Osmanische Reich die meisten seiner europäischen Gebiete. Auch die Teilnahme am 1. Weltkrieg auf der Seite der Deutschen war die falsche Entscheidung. Das ehemals so große Osmanische Reich bestand nur noch aus dem Inneren Anatoliens.
Die Entstehung der modernen Türkei
Das weitere Schicksal der Türkei wurde dann von einem Mann bestimmt, der durchaus sehr umstritten war, dem das Land aber ohne Zweifel sehr viel zu verdanken hat – Mustafa Kemal, der später den Ehrennamen Atatürk „Vater der Türken“ erhielt. Er wurde 1920 als Regierungschef eingesetzt und begann den militärischen Widerstand zu organisieren. Dabei hatte er sowohl militärische als auch diplomatische Erfolge vorzuweisen. Die Franzosen und Italiener zogen freiwillig ab, die Griechen wurden militärisch geschlagen.
In Lausanne wurde 1923 ein Vertrag der Alliierten mit den Türken über eine Unabhängigkeit und Souveränität der Türkei abgeschlossen, die neue moderne Republik Türkei war geboren. Im gleichen Jahr begann der Bevölkerungsaustausch, die in der Türkei lebenden Griechen – viele in Kappadokien – wurden nach Griechenland umgesiedelt, die dort lebenden Türken in die Türkei. Ein Jahr später trat dann die neue Verfassung in Kraft, die u.a. eine strenge Trennung von Staat und Religion vorschrieb. In den Regierungsjahren bis zu seinem Tod 1938 veranlasste Atatürk zahlreiche bedeutende Reformen, so z.B. die Einführung der lateinischen Schrift, die Einführung von Familiennamen (bis dahin im Land unbekannt), die Kalenderreform, die Bildungsreform u.v.a. Die Türkei hatte sich Europa zugewandt.
Im 2. Weltkrieg stellte sich die Republik Türkei auf die Seite der Alliierten und erklärte Deutschland den Krieg, allerdings erst 1945. Im gleichen Jahr wurde das Land auch Gründungsmitglied der UNO, 1952 erfolgte dann der Beitritt zur NATO. Die Zeit bis heute wurde durch eine wechselnde Politik bestimmt, mehrmals übernahm das Militär die Macht im Land. Trotzdem blieb die Republik Türkei weitestgehend ein demokratischer Staat. Die Aufnahme in die EU wird seit Jahren angesprochen, doch es bleiben starke Vorbehalte auf beiden Seiten. Das liegt auch an Problemen mit den Kurden, die einen eigenen Staat fordern, den Konflikten mit Griechenland (die zum Krieg auf Zypern führten) und der „schleichenden Islamisierung“, bei der nach und nach die strikte Trennung von Staat und Religion aufgeweicht wird und der Islam immer mehr an Einfluss gewinnt.
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Autor: Michael Nitzschke, Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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