Fahrt durchs Zentralmassiv Gran Canarias
Mit der Fahrt in und durch Gran Canarias Zentralmassiv erlebt man eine der spektakulärsten Touren der Insel, wenn nicht gar die spektakulärste Tour überhaupt. Gran Canaria zeigt sich einem auf einmal von ganz vielen verschiedenen Seiten, sodass man stellenweise das Gefühl hat auf einer ganz anderen Insel zu sein. Gerade die üppig grünen, fast schon wild wuchernden Pflanzen im nordöstlichen Inselzentrum rund um Vega de San Mateo, wo wir auf unserem Rückweg vorbeikamen, haben so gar nichts mehr von dem kargen braunen Gran Canaria, das wir von der Ost- und Südküste her kennen. Hier jauchzt man förmlich mit den Blumen und Büschen mit, die sich farbenfroh dem warmen Regen entgegenstrecken. Regen und Feuchtigkeit scheint es nämlich in dieser Gegend Gran Canarias genug zu geben.
Das muss man auch bedenken, wenn man im Süden bei strahlendem Sonnenschein für diese Tour aufbricht. In den Bergen sind nicht nur die Temperaturen gleich um einiges tiefer, sondern auch die Wind- und Regenverhältnisse können einen ganz schnell unerfreulich überraschen. Gerade mit der Fahrt auf die drei höchsten Berge Gran Canarias, wo man sich auf tolle Fernblicke und ein spektakuläres Panorama freut, muss man doch relativ oft mit den für Gran Canaria typischen Föhnwolken rechnen. Von Weitem sieht dieses Spektakel noch wunderschön aus, wenn die Bergspitzen von einer riesigen Wattewelle umspült werden. Ist man jedoch innerhalb dieser Wattewolke, entsteht eher der Effekt einer milchigen Suppe, in der alle Farben und Konturen zu verschwinden scheinen. Aus diesem Grund sollte man vorbereitet sein. Die Sonne kann an der Küste noch so badefreundlich lachen, ohne warme und wetterfeste Kleidung ist einem dort oben schnell zum Heulen zu Mute.
Aber wir wollen nicht gleich schwarz malen; Wir hatten zum Beispiel am höchsten Punkt Gran Canarias, am Pico de las Nieves auf 1949 Metern noch eine wundervolle Aussicht auf den Teide bis zur benachbarten Insel Teneriffa. Während der Weiterfahrt zum Roque Nublo, der unweit westlich vom Pico de las Nieves auf etwa 1800 Metern liegt, verschwand die Gegend leider im Nebel der Wolken. Dafür war die Sicht noch weiter westlich beim Roque Bentayga auf 1400 Metern wieder wunderschön klar. Da heißt es Gelassenheit entwickeln und auf eine kleine Portion Glück hoffen.
Gelassenheit und gute Nerven braucht man bei dieser Strecke auch fürs Autofahren. Bis zum Pico de las Nieves führen die Straßen noch breit und ohne große Komplikationen den Berg hinauf. Innerhalb des Zentralmassivs sieht es dann oft anders aus. Will man auch kleinere Bergdörfer erkunden, wie zum Beipsiel La Solana oder El Chorrillo in der Nähe des Roque Bentayga, dann sollte man flexibel mit der Gangschaltung umgehen können, denn die engen Serpentinen ohne feste Wegmarkierung verlangen einem viel Konzentration und Fahrgeschicklichkeit ab.
Von wo man aus startet ist eigentlich fast egal, da man von überall zur Inselmitte gelangt. Wir sind vom Süden erst einmal über die Autobahn nach Ingenio. Von dort braucht man auf direktem Weg bis zum Pico de las Nieves etwa 45 Minuten Fahrtzeit. Via Luftlinie scheint der Roque Nublo nur einen kleinen Sprung vom Pico de las Nieves entfernt zu sein. Fahren muss man etwa eine halbe Stunde. Der Weg zum Roque Bentayga über Ayacata ist da schon aufwendiger. In einem großen Bogen geht es um den Roque Nublo herum, bis man nach vielen Serpentinenwindungen an den Kultplätzen und Höhlen des Roque Bentayga ist. Auch die weiteren Stationen mit Tejeda und Cruz de Tejeda liegen zwar räumlich nah beieinander, zeitlich muss man durch die Kurven deutlich mehr einrechnen. Dafür bietet die Strecke an sich immer wieder ein schönes Panorama in die weiten Schluchten und die vielfältige Vegetation.
Ingenio: Tourenstart im Osten zum Pico de las Nieves
Wir beginnen also unsere Tour von einem der südlichen Urlaubsorte und machen nach einer ca. halbstündigen Fahrt auf der Autobahn einen ersten Stopp in einem kleinen Ort namens Ingenio. Ingenio ist ein nettes beschauliches Örtchen im Osten von Gran Canaria, etwa in Höhe des Flughafens gelegen.
Wer dem Zentrum von Ingenio einen kleinen Besuch abstatten möchte, und nicht nur die zentrale Straßen GC-120 zur Durch- und Weiterfahrt nutzen möchte, der wird angenehm überrascht sein. Zumindest erging es uns so; Auch wenn der Platz direkt vor der Kirche teilweise wie ausgestorben zu sein scheint, so sind die Anlagen ringsherum mit viel Liebe zum Detail angelegt worden.
Mehrere Springbrunnenanlagen sind von schönen grünen Wiesen- und Blumenbeeten umgeben. Eine Türe führt zu einem kleinen grünen Park, der gleichzeitig auch Kinderspielplatz ist. Vom Kirchenvorplatz, der insgesamt sehr offen und großzügig wirkt, ohne dass er wie oft andererorts von vielen Sträßchen oder Gassen verbaut ist, gibt es sogar den Blick aufs Meer hinunter. Hier war es richtig erholsam für kurze Zeit aus dem Auto auszusteigen und ein bisschen umherzulaufen. Öffentliche Toiletten gibt es auch direkt am Platz. Man braucht nicht lange, um Ingenio zu besichtigen; Parkt man direkt bei der Kirche spaziert man eine Viertelstunde auf und ab, dann hat man das kleine Stadtzentrum gesehen.
Auf der weiteren Fahrt kommen nach Ingenio keine nennenswerten Orte mehr. Man kann also von hier direkt bis zum Pico de las Nieves durchstarten und einfach nur noch die Fahrt genießen. Die Straßenverhältnisse bleiben bis zur Bergspitze relativ breit und lassen sich ohne schwierigere Verläufe gut fahren. Immer wieder hat man die Möglichkeit anzuhalten, die Berghänge hinunterzublicken und die Pinienwälder zu bestaunen. Faszinierend sind die Ausblicke immer besonders dann, wenn man von oben auf die Wolken blicken kann.
Pico de las Nieves: Höchster Berg auf Gran Canaria
Der Pico de las Nieves ist mit seinen 1949 Höhenmetern der höchste Berg auf Gran Canaria. Eigentlich kann man nicht unbedingt von einem Berg sprechen, auch nicht von einer entsprechenden Bergspitze, sondern von einem relativ ebenen Areal, auf dem das Militär und eine Fernsehstation das Bild prägen.
Was von Weitem schon wenig attriktiv wirkt, gibt auch beim Näherkommen eine nur ärmliche Kulisse. Das Gelände dort ist von Radarstationen und Antennen übersäht, und hochgezogene mit Draht gesicherte Zäune markieren die Sperrzone. Dennoch hat man von gleich drei Aussichtspunkten eine traumhafte Aussicht, und je nach Wetterlage ist man hier direkt über den Wolken. Die ursprünglichen Namen für die höchste Erhebung Gran Canarias nämlich Pico de las Nieves (Schneespitze) oder auch Pozo de las Nieves (Schneebrunnen) werden dem eigentlichen Anblick vor Ort kaum mehr gerecht. Schnee bedeckt die Spitze nur noch selten, und die heutige Kulisse ist vielmehr von den beiden weißen Radarkugeln geprägt, sodass selbst die offizielle Straßenbeschilderung 'Los Pechos' heißt, was übersetzt 'Die Brüste' bedeutet.
Die Fahrt zum Pico de las Nieves ist bis zum Schluss sehr gut ausgeschildert. Man gelangt zunächst auf einen kleineren Parkplatz am Rand der Straße, von wo aus sich die Straße zu zwei weiteren Aussichtspunkten hin gabelt. Am besten steigt man jedoch zuerst einmal aus, um sich zu orientieren und einen ersten Ausblick zu genießen. Wer von seinem Urlaubsort an der Küste aus ohne Unterbrechung gefahren ist und hier oben das erste Mal aussteigt wird einen kleinen Kälteschock erleben. Wenn es unten an der Küste angenehme 25°C hat, dann herrschen in knapp 2000 Metern Höhe vielleicht noch 5-10°C.
Von hier oben aus hat man dann auch einen tollen Blick Richtung Süden. Die vor einem liegende Schlucht von Fataga kann man in ihrem Verlauf bis zur Küste von Playa del Inglés verfolgen. Es ist spannend zu sehen, wie die einzelnen Kurven und Bergstraßen aus der Entfernung verlaufen. So kann man zum Beispiel genau sehen, welche kurvenreiche Strecke die kleinen Orte San Bartolomé und Fataga im Zentrum der Insel miteinander verbindet. Wenn man bedenkt, dass Gran Canaria gerade mal einen Durchmesser von 50 km hat, dann staunt man hier nicht schlecht, wie lange man doch für die einzelnen Entfernungen immer wieder bergrauf und bergrunter braucht.
Neben dieser spektakulären Sicht gibt es an dieser Stelle einen verfallenen Brunnen. Dabei handelt es sich um eine Nachbildung eines Schneebrunnens aus dem 16. Jahrhundert; Als es auf Gran Canaria noch keine Elektrizität gab, nutzten die Einwohner die Anhöhe um Schnee, bzw. den zu Eis gefrorenen Schnee zu konservieren und so für den weiteren Verkauf in Umlauf zu bringen.
Am Pico de las Nieves kann man gleich von mehreren Aussichtspunkten in verschiedene Richtungen der Insel blicken. Zweigt man an der Straßengabelung in Richtung Osten, kommt man zum Aussichtspunkt Pico de la Gorra. Die einzelnen in den Himmel ragenden Antennen sorgen jedoch auf der Fahrt dorthin nicht gerade für einen romantischen Anblick. Auf der Karte ist eigentlich der Roque Redondo auf 1919 Metern als weiterer Punkt markiert. Mit dem Auto kommt man jedoch nicht weiter als bis zum Pico de la Gorra, da die Straßenbeschilderung die Weiterfahrt nicht erlaubt. Von dort aus genießt man den Blick in Richtung Osten auf einen kleinen malerischen See, an dem wir auf der Hinfahrt von Ingenio schon vorbeigekommen sind, der aber auf der Karte keinen eigenen Namen verzeichnet hat. Auch das Städtchen San Bartholomé im Süden kann man wieder von hier aus sehen.
Die eigentliche Attraktion des Pico de las Nieves entdeckt man erst nach der weiteren Fahrt zum eigentlichen Aussichtspunkt. Von der bereits beschriebenen Militärumzäunung darf man sich nicht abschrecken lassen; Richtig abschreckend wird es erst mit dem Aufgebot an Bussen und dem hier stehenden Souvenirstand. Spätestens jetz spürt man, dass man an DER Touristenattraktion Gran Canarias angelangt ist. Nirgendwo sonst sind uns dermaßen viele Busse auf einmal begegnet. Wir mussten uns tatsächlich ein wenig zusammenquetschen, um nicht Schulter an Schulter zum direkten Nachbar zu fotografieren. Dafür war die Sicht von hier oben aber auch wirklich einzigartig.
Zuerst fiel unser Blick auf die beiden nahe gelegenen Felsen Roque Nublo und Roque Bentayga. Erst dann entdeckten wir am Horizont den Teide auf Teneriffa. Wir wussten zwar vorher, dass wir von hier aus nach Teneriffa rüberschauen konnten, aber dass sich der Teide so majestätisch aus der Wolkendecke emporheben würde, faszinierte uns schon sehr.
Von diesem Aussichtspunkt kann man sozusagen von Bergspitze zu Bergspitze über den Wolken schauen. Wer also keine Massenaufläufe scheut, der wird die Aussicht hier allemal genießen. Für Leute, die weniger Rummel mögen, die können die gleiche Sicht vom Mirador de Becerra genießen. Auch wenn der Aussichtspunkt nicht so hoch wie der am Pico de las Nieves liegt, so kann man den Teide und die umliegende Bergwelt von Gran Canaria sehr gut erkennen. Der Mirador de Becerra lag allerdings nicht auf unserer direkten Tour, sondern befindet sich auf der GC-150 südlich von Cruz de Tejeda. Hier befindet sich ein bisschen versteckt ein Café mit einem dazugehörigen Museum für Geologie.
Roque Nublo: Felsfinger und Wahrzeichen Gran Canarias
Vom Pico de las Nieves braucht man etwa eine halbe bis maximal dreiviertel Stunde bis man zum Roque Nublo gelangt. Der Roque Nublo ist ein bis in 1800 Meter aufsteigender Fels, der aufgrund seiner Form eines dicken Felsfingers von vielen Urlaubern Gran Canarias gerne besichtigt wird. Wer versucht, den Roque Nublo von Weitem zu erkennen, der wird vielleicht zu Beginn vor einem Rätsel stehen. Der im Reiseführer als Felsfinger beschriebene Monolith entpuppt sich in der Relität nämlich als ein ziemlich knubbeliger Felsfinger. Wir verwechselten ihn zuerst einmal mit einem in unmittelbarer Nähe stehenden schmalen Grat.
Man fährt die GC-130 erst einmal weiter in Richtung Norden und biegt dann auf die GC-600 Richtung Ayacata ab. Der Parkplatz, der zum Roque Nublo gehört, ist relativ klein, da von hier aus einige Wandertouren losgehen. An der Stelle möchte ich unbedingt nocheinmal an wetterfeste Kleidung erinnern. Die Föhnwolken können einen ganz schön kalt überraschen. Auch wenn man bei angenehemen Temperaturen an der Küste gestartet ist, so sind die Winde bei Föhn und die nasskalte Luft eine Garantie für kommende Erkältungen. Hier oben hat es auch im Sommer Temperaturen von oftmals nur wenigen Graden.
Ist man mit festem Schuhwerk und ausreichend warmer Kleidung ausgestattet, so macht das Laufen hier oben richtig Spaß.
Die Wege lassen sich gut laufen und der Spaziergang zum Roque Nublo ist auch nicht sehr weit vom Parkplatz aus. Mit dem Ausflugsziel Roque Nublo verhält es sich ganz anders als mit dem Pico de las Nieves. Auch wenn hier viele Touristen sehr gerne hinkommen, dann wird man kaum erleben, dass sich die einzelnen Businsassen wirklich die Mühe machen hier auszusteigen, um ein paar Schritte zu gehen. Vielmehr verhält es sich so, dass man hier eher im Alleingang die Möglichkeit für eine kurze Wanderung nutzt, da die Gegend um den Felsen die eigentliche Attraktion ist. Der Ausblick vom Parkplatz lohnt sich weniger für ein schnelles Konsumieren. Am Pico de las Nieves trifft man also hauptsächlich Touristenbusse, am Roque Nublo eher kleine Mietautos.
Ayacata: Kreuzungspunkt im Zentralmassiv
Der Roque Nublo liegt nur ein paar Autominuten von Ayacata entfernt. Ayacata ist uns eher als Station in der Nähe des Roque Nublo oder als Verbindungsstück und Kreuzung im Zentrum der Insel in Erinnerung geblieben. Das Örtchen, vielmehr die Häuseransammlung, bietet immerhin ein gutes Restaurant, das La Candelilla, das von vielen Einheimischen und Touristen als Zwischenstopp genutzt wird. Hier kann man bei gutem Wetter auch draußen sitzen.
Ayacata hat nicht den gleichen ruhmvollen Charakter wie der Kreuzungspass am Cruz de Tejeda, der ähnlich zentral, jedoch weiter im Norden liegt; Trotzdem muss man hier vorbei, wenn man die einzelnen Schluchten im Süden in einer Tour verbinden möchte. Von Ayacata aus geht es auf unserer Tour weiter zum Roque Bentayga. In einem großen Bogen entgegengesetzt zum Uhrzeigersinn geht es in Richtung Tejeda auf der Straße GC-60 immer um den Roque Nublo herum. Die Ausblicke sind immer wieder faszinierend, und man kann kleine Buchten an der Straße für den einen oder anderen Zwischenstopp nutzen.
Roque Bentayga & Cuevas del Rey
Fast wird der Roque Bentayga mit dem Pico de las Nieves und dem Roque Nublo in einem Atemzug genannt, wenn es um die höchsten Erhebungen auf Gran Canaria geht. Mit 1412 Metern liegt er auf Platz drei der interessanten Berge innerhalb des Zentralmassivs; Neben dem fantastischen Fernblick, den man von hier aus hat, liegt das eigentlich Interessante des Roque Bentayga in seinem Innern und an den Plätzen rundherum. Weiß man um die kultische Bedeutung des Roque Bentaygas, die er für die Ureinwohner Gran Canaria hatte, dann erinnert einen der Monolith auch von Weitem schon an einen überdimensional großen Altar.
Auf der Fahrt zum Roque Bentayga konnten wir von Glueck sagen, dass uns kein Bus entgegen kam. Die Straßenverhältnisse sind zwar breit genug für Ausweichmanöver, aber es gibt keine Leitplanken und seitlich der Straße geht es steil den Berg hinunter. Lebensmüden schlägt da sicher das Herz höher, wir fanden es eher etwas mulmig. Beim Fahren ist höchste Konzentration angesagt. Die Straße führt bis zu einem Parkplatz. Bevor man zum eigentlichen Roque Bentayga zu Fuß weiterläuft, kann man das archäologische Museum besichtigen, in dem die Gegend mit ihren einzelnen historischen Bedeutungen erklärt wird. Leider sind diese Erklärungen nur auf spanisch zu lesen. Ein Café oder ein Restaurant gibt es hier oben nicht, dafür kann man vor dem Spaziergang nach oben nochmal die gepflegten Toiletten benutzen. Der Eintritt für das Museum ist frei.
Der Weg hinauf zum Kultplatz des Roque Bentayga führt über einen schmalen Weg, der relativ steil nach oben verläuft. Auch wenn man insgesamt sicher nicht mehr als eine Stunde Fußmarsch für den Hin- und Rückweg einrechnen muss, so kann der Weg aufgrund der Steigung je nach Kondition schon etwas beschwerlich werden. Aber es lohnt sich! Neben zwei Höhlen und den Kultplätzen, bei denen man im Boden immer noch Rillen und Vertiefungen erkennen kann, ist die Aussicht in die umliegende Gegend einfach atemberaubend schön.
Eigentlich gehört zum Roque Bentayga das gesamte Gebiet rund um den Monolithen. So sieht man auch die Cuevas del Rey direkt von der Straße aus. Die Höhlen sind relativ hoch in die steilen Felsen gehauen. Unterhalb der Cuevas del Rey liegt die kleine Siedlung El Roque, von der aus es nicht weiter geht. Auf den beiden Bildern ganz links außen sieht man die kleine Häuseransammlung El Roque zwischen zwei von drei in die Höhe ragenden Felsen angelegt.
Kaum zu glauben, dass hier immernoch jemand wohnt. Man sollte sich aber nicht vorstellen, dass es hier etwas zu entdecken gäbe, da man letztlich bei El Roque nur zu einer Sackgasse kommt und wieder umdrehen muss, bzw. auf der Straße in Richtung zu den beiden Bergdörfchen La Solana und El Chorrillo weiterfahren kann. Die Höhlen um El Roque werden zwar heute noch zur Lagerung genutzt, aber für Touristen ist die Besichtigung nicht mehr möglich, da der Weg zu den Höhlen nicht mehr erneuert wurde. Uns reichte es, die Höhlen von der Straße aus zu sehen.
La Solana, El Chorrillo: Abgelegene Bergdörfer in der Einsamkeit
In so manchem Reiseführer kann man lesen, dass sich ein Abstecher in die beiden kleinen Bergdörfer lohnt. Wir empfanden das nicht unbedingt so, auch wenn man auf der Fahrt einen schönen weiten Blick in die Hänge hat. Direkt bei El Roque zweigt die Straße zu den beiden kleinen Dörfchen ab. Wir haben die Distanz auf der eng gewundenen Straße viel zu sehr unterschätzt. Auf engsten, sehr kurvigen Serpentinen scheint sich der Weg ewig zu ziehen. Da die Straßen zwar geteert, aber nicht befestigt sind, wurde die Fahrt hier runter zu einer einzigen Anstrengung. Durch die vielen Steinschläge lag sehr viel Geröll auf der Straße.
Man musste sich enorm konzentrieren, um nicht aus Versehen einen kleinen Ruck zu weit rechts zu lenken und so steil den Berghang hinunter zu fallen; Es sind zwar nur wenige Kilometer bis zu diesen Bergdörfchen, bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von ca. 20 km/h dauern jedoch auch kleinste Distanzen ewig.
Letztlich gibt es hier nichts Besonderes zu sehen. Das, was einen halt beeindruckt, ist die völlige Abgeschiedenheit, in der die Menschen hier noch leben. Das ist es vielleicht auch, was man an Eindrücken mitnimmt. Nicht die Architektur oder die Häuser, auch nicht die Menschen, die man beim Vorbeifahren aus dem Auto auf der Straße trifft, sondern die enorme Entfernung, die zur nächstgelegenen Stadt immer wieder überwunden werden muss. Wie luxuriös einem da auf einmal die eigenen bequemen Möglichkeiten zu Hause doch vorkommen!
Auf Gran Canaria gibt es seit Jahrzehnten eine Landflucht: Die Bewohner von solchen winzigen Bergdörfern verlassen mehr und mehr ihre Häuser, so dass nur noch Geisterdörfer übrig bleiben. Dies ist bei la Solana und El Chorrillo zwar noch nicht der Fall, aber die Tendenz auf der Insel hält an. In früheren Zeiten haben sich die Dorfbewohner untereinander verheiratet, ja sogar teilweise innerhalb der Familie, da die Bewohner fast keinen Kontakt zur Außenwelt hatten. Heute gibt es immerhin Verbindungen zu anderen Städten über die kleinen Sträßchen, wenngleich ein einfacher Schulweg gut eine Stunde dauern kann.
Tejeda: Malerisches Bergdorf mit regem Touristentreiben
Tejeda ist ein kleines Bergdorf auf etwa 1000 Metern Höhe und liegt am Hang der gleichnamigen Schlucht. In Reiseführern wird Tejeda als besonders malerisch und traditionell beschrieben. Von Weitem sieht es so aus, als seien fast alle Häuschen in strahlendem Weiß gehalten.
Innerhalb des Ortes hat man von der am Berghang entlang laufenden Straße, die als Promenade entlang des Zentrums führt, überall einen guten Ausblick auf den Roque Bentayga. Eines verwunderte uns allerdings sehr: Die vielen großen Informationstafeln an jeder Ecke, was man wo finden kann. Die wollten so gar nicht recht ins Bild dieses kleinen Ortes passen.
Wir wussten zwar, dass man am Cruz de Tejeda essen kann, aber das erste mal, als wir die Strecke entlang gefahren sind, hatten wir so einen Hunger, dass wir doch im ersten Restaurant, das wir auf der Fahrt noch in Tejeda entdeckten, einkehrten. Im Restaurant La Perdiz saßen wir auf rustikalen Holzstühlen, hatten leicht gefroren und bei den amerikanischen Oldies der 60er Jahre wurde uns auch nicht wärmer ums Herz.
Das Tagesgericht Paella schmeckte zwar, aber das Hühnerbein auf der Tageskarte mit den Beilagen war gerade nur dazu gut, den Hunger ohne großes geschmackliches Erleben zu stillen. Insgesamt war es für eine kurze Rast ganz o.k. und vor allem sehr günstig im Vergleich zu den Restaurants am Cruz de Tejeda.
Von der langen Fahrt durch die Berge ist man müde, hat Hunger und hat Durst. Wer gut essen möchte, der sollte bis zum Cruz de Tejeda weiterfahren. Wer einfach ausruhen und günstig speisen möchte, der sollte im Ort Tejeda Rast machen.
Cruz de Tejeda: Kreuzungspunkt am Bergpass
Cruz de Tejeda ist eine Passkreuzung im Norden, auf der sich die Wege zum Zentralmassiv kreuzen. Die Atmosphäre hatte für uns zunächst etwas jahrmarktmäßiges. Überall liefen Hühner frei herum. In der Nähe des Kreuzes waren Marktstände mit allerlei bunten Souvenirs, Lebensmitteln und einheimischen Produkten. Erst bei genauerem Hinsehen entpuppte sich dieser Ort als kleiner Geheimtipp. Zum einen liegt hier das Hotel Parador de Cruz de Tejeda. Paradores ist eine spanische Hotelkette, die darauf spezialisiert ist auf allerhöchstem Niveau Service und Komfort in einer landschaftlich wie traditionell einzigartigen Umgebung anzubieten.
Zum anderen entpuppte sich das Asador Grill de Yolanda, ein Grillrestaurant mit Bar als kulinarischer Höhepunkt. Zwar waren wir über die enorm hohen Preise sehr bestürzt, dafür müssen wir aber die Location und das Essen bis in höchste Höhen loben. Von einer kleinen, aber gut beheizten oberen Terrasse aus hat man einen herrlichen Blick rundherum. Das Innere ist gemütlich mit Weinflaschen und allerlei Sorten Gemüse dekoriert, das von den Wänden herunterhängt. Auch die Loungemusik versetzte uns gleich in eine gemütliche Stimmung. Die Gambas und all die anderen Zutaten schmeckten sehr frisch und lecker.
Man sollte darauf achten, dass man nicht die 'Touristenkarte' bekommt, da wir auf dieser nur große Gerichte hätten bestellen können. Erst auf direktes und mehrmaliges Nachfragen hin konnten wir die typischen kleinen Tapas bestellen, die auf einer anderen Karte, die die spanisch sprechenden Gäste bekamen auch enthalten waren. Das minimierte leider den Eindruck des Restaurants etwas. Auch wenn das Essen wirklich sehr gut war, so möchte ich mich nicht genötigt fühlen eine der Tagesspezialitäten nehmen zu müssen, die einem für teures Geld angepriesen werden. Also, wer gut und viel essen möchte, der ist hier richtig aufgehoben; wer aufs Budget achten muss sollte sich die Speisekarte vorher anschauen.
Rückfahrt über Vega de San Mateo
Das Cruz de Tejeda ist auch das letzte Highlight unserer Tour durchs Zentralmassiv Gran Canarias. Jetzt geht es nur noch zurück in den Süden. Es gibt mehrere Wege vom Cruz de Tejeda zurück, alle dauern eine knappe halbe Stunde. Ich kann die Fahrt Richtung Norden über Vega de San Mateo empfehlen, da man auf dieser Tour Gran Canaria noch von einer ganz anderen Seite her kennenlernt, nämlich von einer extrem grünen. Die Fahrt über den Nordosten der Insel ist zwar ein kleiner Umweg, da man zunächst in entgegengesetzte Richtung fährt, dafür gelangt man schneller auf die Autobahn und ist von dort aus in einer guten halben Stunde zurück im Süden der Insel.
Wie ich bereits zu Beginn geschrieben habe, war ich bei der weiteren Fahrt durch Vega de San Mateo an begrüntere Inseln wie zum Beispiel La Palma erinnert. Die Vegetation hier in dieser Gegend gedeiht so gut, dass die Landwirtschaft weitläufig das Bild prägt: Obstbaumplantagen, Weinreben und Gemüsefelder ließen einen fast an zu Hause denken, wenn sich nicht immer wieder Oleanderbäume, Palmen und Kakteen ins Bild mischen würden. Die Pflanzen versuchen links und rechts die Straße zuzuwuchern; man kann kaum glauben, dass Gran Canaria so grün sein kann.
Hier im Nordosten gibt es die meisten Niederschläge auf der Insel. Fast das ganze Jahr über stauen sich hier die Passatwolken und geben ihre Feuchtigkeit an die Natur ab. Regenwasser ist hier also im Überfluss vorhanden. Es herrschen ideale Bedingungen fürs Pflanzenwachstum. Wer diesen nordöstlichen Teil der Insel nicht mitnimmt, wird Gran Canaria als trockene Insel ohne viel Vegetation aburteilen. Wer ihn mitnimmt wird sich im Nachhinein noch gerne an das viele Grün auf dieser Fahrt erinnern.
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