Der Königsweg, vom Hohen Tor zum Grünen Tor
Am sogenannten Königsweg in Danzig befinden sich zahlreiche historische Sehenswürdigkeiten der Stadt. Das ist kein Wunder, denn hier befand sich das Zentrum der Macht. Noch heute künden die schönsten Patrizierhäuser davon, auch mehrere Stadttore, das Rechtstädtische Rathaus und der Artushof säumen den Königsweg.
Ihren Namen erhielt die etwa 1 km lange Strecke von den polnischen Königen, die einmal im Jahr bei ihrem Besuch Danzigs vom Hohen Tor durch die Langgasse und den Langen Markt bis zum Grünen Tor zogen.Sie diente auch für Paraden und verschiedene Zeremonien. Etwa auf halbem Weg steht das Rechtstädtische Rathaus, der frühere Sitz des Danziger Senats.
Hohes Tor, Goldenes Tor und Stockturm
Wer aus Richtung Westen in die Danziger Rechtstadt wollte, musste gleich drei Stadttore passieren. Das äußere, das Hohe Tor, war am Anfang ein ganz schlichtes. Dazu kamen tiefe Gräben, die eventuellen Angreifern oder schlicht unerwünschten Personen den Zugang zur Stadt verwehren sollten. Ende des 16. Jahrhunderts bekam ein flämischer Baumeister den Auftrag, das Tor in der Art eines römischen Triumphbogens zu gestalten. Das Tor aus Sandstein markiert heute den wichtigsten Zugang zur Rechtstadt vom Hauptbahnhof aus. Die wechselvolle Geschichte der Stadt ist am Tor in den Wappen jener Länder zu ersehen, die Danzig prägten. Es sind die Wappen von Polen, Preußen und das der Freien Stadt Danzig.
Weniger elegant sondern wuchtig und auch etwas düster steht das mittlere Tor, der Stockturm mit der Peinkammer. Im Mittelalter war er ein wichtiger Teil der Stadtbefestigung. Erbaut wurde der Stockturm im 14. Jahrhundert im Stil der Gotik aus roten Backsteinen. Neben der Funktion als Befestigung diente er als Gerichtsgebäude. Rund 150 Jahre lang, vom Anfang des 17. Jahrhunderts bis Mitte des 19. Jahrhunderts, war der Turm auch ein gefürchtetes Gefängnis. Die düsteren Zellen der sogenannten Peinkammer zeugen davon. Heute hat das Bernsteinmuseum seinen Sitz im Stockturm. Mehr als 5000 Objekte aus dem „Gold der Ostsee“ erfreuen die interessierten Besucher.
Zweifellos das eleganteste der drei Tore ist das Goldene Tor, das direkt in die Langgasse – die älteste und berühmteste Straße Danzigs – führt. Die reich verzierte Fassade und die ganze Architektur erinnern weniger an ein Stadttor, eher an ein prächtiges Palais. Erbaut wurde das Goldene Tor Anfang des 17. Jahrhunderts, damit ist es das jüngste der drei wichtigsten Tore. Bei näherer Beschäftigung mit dem Tor fällt auf, dass großer Wert auf symbolische Bedeutung gelegt wurde. So prangt auf ihm in lateinisch der Spruch : „Durch Eintracht werden kleine Staaten groß, an Zwietracht gehen die großen zugrunde“. Mit Sicherheit ein weiser Spruch, der allerdings sehr oft missachtet wurde. Auf der Balustrade thronen insgesamt acht Statuen, vier auf der Stadtseite, vier auf der Außenseite. Die Figuren der Stadtseite verkörpern Weisheit, Gerechtigkeit, Frömmigkeit und Eintracht. Die Figuren der Außenseite stehen für Freiheit, Frieden, Reichtum und Ruhm.
Das Goldene Tor schließt direkt an einen Backsteinbau an, der an ein prächtiges Schloss erinnert. Es ist die 1494 im flämischen Stil erbaute Georgshalle. Lange Zeit war der Bau der Sitz der Sankt-Georgs-Bruderschaft – einer exklusiven Vereinigung, zu der nur die wenigsten Danziger Zutritt hatten. Das Wahrzeichen und der Namensgeber der Halle, der heilige Drachtentöter Georg, ist auf dem Dach zu sehen. Heute finden in der Halle Ausstellungenn und andere Veranstaltungen statt.
Die Langgasse, Danzigs brühmteste Straße
Als wir durch das Goldene Tor in die Rechtstadt traten, fiel uns auf den ersten Blick auf, wie prachtvoll und reich Danzig einmal gewesen sein muss. Entlang Danzigs ältester Straße, der Langgasse, reiht sich ein wunderschönes und meist reich verziertes Bürgerhaus an das andere. Etwa 500 m sind es bis zum Langen Markt mit dem Rechtstädtischen Rathaus, dem Artushof und weiteren Prachthäusern. Schon im Mittelalter war diese Straße das Aushängeschild der Stadt, doch die meisten Fassaden entstanden in dieser Form im „Goldenen Zeitalter Danzigs“, in der Renaissance.
Einige der Häuser heben sich aus dieser Pracht noch einmal hervor – weil sie noch etwas prächtiger sind oder sehr geschichtsträchtig. In der Langgasse Nr. 12 steht das berühmteste, das Uphagenhaus. Der Name geht auf den einstigen Besitzer - den Ratsherren Johann Uphagen – zurück, der es 1776 erbauen ließ. Die Prunkfassade enthält Stilelemente des Rokoko und des Frühklassizismus. Heute ist hier das Museum der bürgerlichen Wohnkultur untergebracht, das sein Bestehen dem glücklichen Umstand verdankt, das die Originaleinrichtung während des Krieges ausgelagert war und so diese Zeit überstand.
Ebenfalls ein Kleinod ist das Ferberhaus in der Nummer 28. Die Familie Ferber stellte insgesamt sechs Bürgermeister und zählte über mehrere Jahrhunderte zu den einflussreichsten Familien der Stadt. Aus den Fassaden der Langgasse stechen außerdem noch die Nummer 35 – das Löwenschloss – und die Nummer 45 – das Schumannhaus – heraus. In der 45 ist heute ein Büro des Tourismusverbandes untergebracht.
Das Rechtstädtische Rathaus
Der 82m Hohe Turm ist weithin sichtbar, so erkennt man das Rechtstädtische Rathaus weit über die Grenzen des Stadtviertels hinaus. Im Verhältnis zum Altstädter Rathaus ist es viel prächtiger, schließlich ließen sich die reichen Kaufleute auch ihr Rathaus etwas kosten. Sein Standort am Zusammentreffen von Langgasse und Langem Markt ist zentral an einem der belebtesten Punkte.
Ursprünglich wurde das Rechtstädtische Rathaus um 1330 im Stil der Gotik erbaut, doch die wohlhabenden Bürger wollten sich der Zeit anpassen und so verpflichteten sie drei der damals berühmtesten Architekten um das Haus – das sowieso durch einen Brand gelitten hatte – im Stil der flämischen Renaisssance umzubauen. Das war aber noch nicht das Ende der Umgestaltungen. So erscheint z. B. das Hauptportal im Barockstil.
Der „Hingucker“ am Rathaus ist der schlanke, fast zart wirkende, Rathausturm. Auch hier existiert eine Aussichtsplattform, man kann den Turm normalerweise besteigen. Normalerweise, doch leider kamen wir nicht in den Genuss. Der Turm war längere Zeit gesperrt. Im Turm hängen insgesamt 37 Glocken, davon stammen 14 aus dem Jahre 1561, die anderen 23 sind neueren Datums. Sie wurden im Jahr 2000 installiert. Zu jeder vollen Stunde ertönt dieses Glockenspiel.
Auch das Rechtstädische Rathaus kann besichtigt werden. Wir hatten gelesen, dass speziell der Rote Saal eine Augenweide ist. Das stimmt, besonders die prächtigen kunstvollen Deckengemälde, die mit Damast bespannten Wände und der prunkvolle reich verzierte Kamin, der bis zur Decke reicht, lohnen allein schon einen Besuch. Doch auch die anderen Räume, der Weiße Saal, der Kleine Saal und die Große Galerie mit ihren zahlreichen Kunstwerken und Gemälden können sich sehen lassen. Im 1. Obergeschoss imponiert besonders der Tierkreissaal mit seinem Tonnengewölbe und den Abbildungen der Tierkreiszeichen. Im 2. Obergeschoss sind Ausstellungen zu besichtigen.
Der Artushof, der Palast der Kaufmannszunft
Der Lange Markt hat prächtige Bauten, doch das größte – und viele sagen auch das schönste – ist der Artushof. Es war der Versammlungsort der reichen Kaufleute der Hanse, deren Gilde sich im Artushof traf, natürlich auch zu ausgedehnten Zechgelagen, bei denen das Bier in Strömen floss. Diese Gelage waren berühmt – oder berüchtigt, je nach Sichtweise. Mit dem Ende der Hanse endeten auch diese Versammlungen, doch der Artushof war weiterhin gefragt. Er diente als Börse, aber auch als Treffpunkt diverser Geheimbünde.
Wir waren zutiefst beeindruckt von diesem grandiosen Bauwerk. Errichtet wurde das Gebäude um 1350, allerdings noch als schlichterer Bau. Im Laufe der Zeit wurde er mehrmals umgestaltet. So sind heute noch verschiedene Details aus der Renaissancezeit zu entdecken, z. B. die Statuen von Merkur und Fortuna. Über dem Sandsteinportal finden sich die Medaillons der polnischen Könige Sigismund III. Wasa und von Wladyslaw IV. Das heutige Antlitz erhielt der Artushof aber um 1617, als der Architekt van den Blocke die Fassade im Stil des niederländischen Manierismus umgestaltete.
Der Artushof kann besichtigt werden, und das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Wir hatten gehört, dass in der Saison manchmal extrem lange Wartezeiten entstehen. Doch wir hatten Glück, entweder weil wir im Juni in der Stadt waren oder weil wir gleich zu Beginn der Öffnungszeit kamen. Auf den Rundgang durch das Gebäude sollte man auf keinen Fall verzichten, die prachtvolle Inneneinrichtung und die zahlreichen Informationen zur Geschichte sind sehenswert.
Über mehrere Stockwerke erhält man einen Einblick in das Leben vergangener Jahrhunderte. Das Prunkstück des Artushofes ist jedoch ohne Zweifel der große Saal, ein gewölbter Raum, der als schönster Danzigs gilt. In ihm erhielt Günter Grass den Titel des Ehrenbürgers verliehen. Besonders beeindruckte uns der 11 m hohe Kachelofen von 1545. Insgesamt sind hier 520 Kacheln verbaut, von denen keine der anderen gleicht. Jede ist in Handarbeit mit einem unikaten Motiv bemalt – mit den Porträts europäischer Herrscher, mit Wappen und mit allegorischen Motiven.
Der Lange Markt mit dem Grünen Tor
Der Lange Markt erstreckt sich vom Rechtstädtischen Rathaus bis zum Grünen Tor. Er wirkt in seiner Pracht wie die verbreiterte Langgasse. Auch hier stehen dicht an dicht wunderschöne Bürgerhäuser, in denen heute sehr oft Cafés oder Gaststätten mit Freisitzen untergebracht sind. Auch wir saßen hier und genossen den Blick über das lebhafte Treiben hin zu den architektonisch wertvollen Fassaden.
Neben diesen Bürgerhäusern, von denen das Goldene Haus eines der schönsten und bekanntesten ist, findet man am Langen Markt noch solche berühmten Gebäude wie den Artushof , vor dem der Neptunbrunnen steht. Dieser bekannteste Brunnen Danzigs gilt als wohl meistfotografiertes Motiv der Stadt. Uns erinnerte er etwas an die Brunnen in Rom, aber der Meeresgott mit seinem Dreizack ist wohl ein beliebtes Motiv für Brunnen, das in einigen Städten zu finden ist. Erbaut wurde er 1633 im Auftrag der Danziger Kaufleute, die damit ihre Vormachtstellung an der Ostsee symbolisieren wollten.
Als wir das Grüne Tor sahen, wären wir nie darauf gekommen, dass es seinen Namen grünem Sandstein verdankt. Die aktuelle Ansicht des Tores tendiert eher zu Orange. Es ist der Durchgang hinaus aus der Rechtstadt zur Langen Brücke. Außerdem kommt man über die Grüne Brücke zur Speicherinsel. Eigentlich sollte der Mitte des 16. Jahrhunderts entstandene Renaissancebau als Unterkunft des polnischen Königs dienen. Der hatte jedoch andere Pläne und so wurde im Tordurchgang die offizielle Waage aufgebaut, auf der die Kaufleute ihre Waren auf das richtige Gewicht prüfen lassen mussten. Im Grünen Tor hat aktuell eine Abteilung des Polnischen Nationalmuseums seinen Sitz, in der Sonderausstellungen gezeigt werden.
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Autor: Michael Nitzschke; Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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