Allgemeines
Hauptstadt La Paz
Palca Canyon
Tiwanaku
Titicacasee
Copacabana
Sonneninsel
Reiseführer
Impressum

Bolivien Inhaltsverzeichnis | Allgemeine Infos | Hauptstadt La Paz | Palca Canyon | Tiwanaku, Sonnentor | Titicacasee | Copacabana, Sampaya | Sonneninsel | Reiseführer

DeutschEnglish

Copacabana und Wanderung nach Sampaya

Scan-Service

Copacabana - Bei diesem Wort denkt jeder sofort an Rio de Janeiro, weißen Sandstrand, braungebrannte Strandschönheiten und tiefblaues Meer. Doch wir befinden uns ja hier in Bolivien und nicht in Brasilien! Also Zufall? Ganz im Gegenteil, denn der Name für den berühmten Strand in Rio hat seinen Ursprung in jenem Copacabana am Titicacasee. Die Ortschaft wurde von den Inkas unter dem Namen Kota Kahuana, was soviel wie Seeblick bedeutet, gegründet.

Karte von Bolivien; Vergrößerung per Mausklick

Schaut man über die Weiten des Sees, weiß man, treffender könnte der Name nicht sein für diesen in einer kleinen Bucht am südlichen Ende des Chucuito-Sees, nahe der heutigen Grenze zu Peru, liegenden Ort! Doch vermutlich war schon Jahrtausende vor der Inkazeit hier ein bedeutendes Zermonial- und Kulturzentrum. Nach der Niederschlagung der Inkas durch die Spanier vermischte sich der christliche Glaube mit dem der Inkas, und die Augustinermönche nutzten die Bekanntheit "Copacahuanas" zu ihrem Vorteil und machten den Pilgerort zu ihrer religioesen Hochburg. Einen besonders schönen Blick auf die Bucht und über den See hat man vom Kalvarienberg aus, den man in einem etwa 30 minütigen Aufstieg entlang eines Kreuzwegs mit 14 Stationen erreicht.

Eines der vielen im Hafen liegenden Ausflugsboote wartet auf seinen Einsatz Die letzten Spuren der Fiesta werden beseitigt

Heutzutage ist das etwa 10.000 Einwohner zählende Copacabana ein bekannter Wallfahrtsort und auch das Ziel zahlreicher Touristen. So bekannt, dass ihm zu Ehren in Rio de Janeiro eine kleine Kapelle errichtet wurde, eben an dem Strand, der seither denselben Namen hat. Alljährlich finden in Copacabana drei bedeutende Feste statt, das größte von ihnen ist die Fiesta de la Virgen de Copacabana am 5./6. August, zu der jährlich 60.000 Menschen hierher kommen und alle Unterkünfte restlos überfüllt sind; Wir verpassten leider das Fest um zwei Tage, doch andererseits waren wir froh, denn es soll laut Erich fast das schiere Chaos in den Straßen herrschen, überall Betrunkene herumtorkeln, in Endlosschleifen bolivianische Blasmusik gespielt werden, und auch die Diebstahlgefahr soll entsprechend hoch sein. Da haben wir es doch lieber ruhiger und etwas beschaulicher und verzichten gerne auf den ganzen Trubel. Schon früh sind wir aufgestanden und genießen ein ausgiebes Frühstück mit Cocatee, frischem Obst wie Papayas, Ananas, Mangos, Melonen, mit frischem Käse und Wurst, und sogar Müsli gibt es.

Morgendlicher Plausch am Hafen von Copacabana An der Hafenstraße reihen sich vor den Hotels die Imbissbuden aneinander, den Hügel links hoch geht es zum Kalvarienberg

Da wir noch etwas auf unseren Busfahrer warten müssen, Pünktlichkeit ist in Bolivien ein Fremdwort, nutze ich die Zeit für einen kurzen Spaziergang zum naheliegenden Hafen, den ich vom Hotel aus über eine kopfsteingepflasterte schmale Straße erreiche. Im weichen Licht der Morgensonne beginnt das Leben wieder langsam zu erwachen, die ersten Fischerboote verlassen ihren Ankerplatz, eine alte Frau kehrt den von der Fiesta liegengebliebenen Müll zusammen. Bereits jetzt öffnen einige der vielen Souvenir- und Essensbuden ihre Pforten und erhoffen sich ein gutes Geschäft, einige Meter von mir entfernt stehen ein paar Männer zusammen und unterhalten sich miteinander, vielleicht über Fußball, der Sportart Nummer eins in Bolivien. Plötzlich braust auf der staubigen Straße eine junge Frau auf ihrem Motorrad vorbei, ihr nicht mal zwei Jahre altes Kind sitzt ganz lässig vorne drauf und scheint die Fahrt sichtlich zu genießen. Am Ufer liegen viele kleine Boote in unterschiedlichen Farben vor Anker, die darauf warten, Touristen zur Hauptattraktion von Copacabana zu bringen, nämlich der Isla del Sol, der Sonneninsel, die heute auch unser Ziel sein wird.

In strahlendem Weiß leuchtet die Basilika von Copacabana - davor die Verkaufsstände mit dem Papierschmuck für die Autoweihe Ein frisch geweihter neuer Bus, dazu wird in geselliger morgendlicher Runde schon gerne ein Kasten Bier getrunken

Ungern verlasse ich diesen idyllischen Platz, doch mittlerweile ist auch unser Busfahrer eingetroffen, denn ich sehe gerade, wie er mit dem Bus in die Hoteleinfahrt fährt. Wir verladen unser Gepäck und auch uns selbst in den Bus und fahren durch ein paar Gassen zum zentralen Platz Copacabanas, der Plaza 2 de Februaro. Hier befindet sich neben einer schönen kleinen Gartenanlage auch das Hauptziel der Pilger und Wallfahrer, nämlich die in strahlendem weiß leuchtende Basilika Virgen de la Candelaria. Der Kirchenkomplex ist von einer burgähnlichen Mauer umgeben, der Eingang zum Kirchenvorplatz erfolgt durch ein riesiges, mit Mosaiksteinen reich verziertes Tor. Ihr Baubeginn ist auf 1605 datiert, doch fertiggestellt wurde sie erst 1820. Hinter dem prunkvollen Hauptaltar befindet sich die aus dem 16. Jahrhundert stammende, wundertätige Schwarze Madonna von Copacabana, die 1925 vom Vatikan heiliggesprochen wurde. Sogar Papst Johannes Paul II. hat ihr im Jahre 1989 einen Besuch abgestattet.

Leider können wir aus Zeitgründen die Innenräume der Basilika nicht besichtigen, doch auch von Außen bietet der prachtvolle Bau einen imposanten und interessanten Anblick. Vor der Außenmauer fallen uns viele Verkaufsstände auf, die bunte Girlanden, Fähnchen und Blumen aus Papier verkaufen; Aber was hat das mit einer katholischen Kirche zun tun? Erich löst das Rätsel auf und erklärt uns, dass hier vor der Kirche fast schon traditionell neu erstandene Autos geweiht werden, egal ob Neu- oder Gebrauchtwagen, um den Segen für eine sichere und unfallfreie Fahrt zu bekommen, was bei der bolivianischen Fahrweise auch durchaus verständlich ist! Als Zeichen der Segnung werden die Fahrzeuge mit eben diesem in vielen Farben leuchtenden Papierschmuck geschmückt.

Einige von uns kaufen noch ein paar Souveniers, Alpakamützen, Sonnenhüte oder auch schönen Silberschmuck, doch die Zeit drängt etwas, denn wir haben noch eine Wanderung geplant, bevor wir mit dem Boot zur Isla del Sol gebracht werden. Wir besteigen erneut den Bus und wir verlassen Copacabana. Am Ortsausgang kommen wir an einer Schule vorbei, es scheint gerade Vormittagspause zu sein, denn die Mädchen und Jungen in einheitlicher Schuluniform tummeln sich auf dem Platz vor der Schule. In Bolivien besteht zwar eine allgemeine Schulpflicht, doch viele der Kinder und Jugendlichen, gerade aus den sehr armen Familien, gehen nicht zur Schule, da sie zuhause für die Arbeit auf den Feldern gebraucht werden. So ist es nicht verwunderlich, das gut ein Drittel der Bevölkerung Analphabeten sind.

Am ersten Pass eröffnet sich uns ein traumhafter Blick auf die kleine Bucht mit tiefblauem Wasser Über wegloses Gelände geht es schweißtreibend bergauf zum ersten Pass des Tages

Wir fahren zwischen Feldern hindurch, immer in der Nähe des Sees, bis die Sandpiste immer ruppliger und enger wird und schließlich bei Hinchana endet. Der Bus fährt zurück nach Copacabana, um dort unser Gepäck auf ein Boot zur Sonneninsel zu verladen. Und nun beginnt die erste größere Wanderung unserer Bolivienreise, zum Glück nur mit leichtem Tagesgepäck auf dem Rücken! Der gut erkennbare Pfad führt zuerst ohne Steigung durch einen schattenspendenden Eukalyptuswald, wird aber zunehmend undeutlicher, bis er sich am Waldesrand verliert; Nun geht es auf schottrigen Grund doch ziemlich steil bergauf, und wir kommen ganz schön ins Schnaufen, denn die Luft auf fast 4000m ist nur noch zu 60% mit Sauerstoff gesättigt, und auch die Sonne heizt uns ganz schön ein. Doch bevor wir zu sehr ins Schwitzen kommen, wird das Gelände wieder flacher und wir erreichen einen kleinen Pass. Und plötzlich eröffnet sich uns ein traumhafter Blick auf eine kleine runde Bucht mit tiefblauem Wasser, das zusammen mit dem gelben Icchugras ein besonders kontrastreiches und faszinierendes Bild ergibt.

Cantuta buxifolia - Die in kräftigem rot leuchtende Nationalblume Perus Am Gipfel des Cerro Sampaya mit dem Steinhaufen und den faszinierenden Cirruswolken

Auf der anderen Seite des Passes treffen wieder auf einen befestigten Weg und wandern in leichtem Auf und Ab durch lichten Eukalyptuswald, kommen an einem einzelnen Bauernhof vorbei, wo uns ein Hund etwas misstrauisch anknurrt und den Weiterweg versperrt, sich dann aber doch von uns abwendet und wir unbeschadet unsere Wanderung fortsetzen können. Am Wegesrand wachsen verschiedene Arten von Blumen, darunter die in kräftigem rot leuchtende und einer Glocke ähnliche Cantuta, die Blume der Inkas und Nationalblume Perus. Wir erreichen erneut ein kleinen Pass, wo wir eine kleine Pause einlegen, um unseren Flüssigkeitshaushalt wieder auszugleichen; Einige von uns lassen es sich nicht nehmen, vom Pass noch rund 100 Höhenmeter bis zu einem Aussichtspunkt aufzusteigen. Durch dichtes Icchugras erreichen wir den "Gipfel" mit einem aufgeschichteten Steinhaufen, den wir Cerro Sampaya nennen, mein Höhenmesser zeigt 4075m, also ein echter 4000er!

Der Blick über den Titicacasee zur Cordillera Apolobamba mit dem 6000er Chaupi Orco

In den Alpen wäre ein Gipfel dieser Höhe nur mit Gletscherausrüstung und großer Anstrengung zu erklimmen, wir nehmen ihn hier im Vorbeigehen und mit ganz normaler Wanderausrüstung mit. Von dort oben haben wir einen herrlichen Blick übers Altiplano und die Weiten des Titicacasees zur Cordillera Real, und sogar die über 100 Kilometer entfernte Cordillera Apolobamba in Peru ist zu erkennen. Am tiefblauen Himmel ziehen langgezogene Cirruswolken, die wie Federn aussehen, dahin und bieten uns ein faszinierendes Naturschauspiel. Zurück am Pass setzen wir gemeinsam unseren Weiterweg Richtung Sampaya fort, der nun nur noch bergab führt.

Ein hübscher Esel begutachtet unsere Reisegruppe ganz genau Die meisten von unserer Reisegruppe sehen das erste Mal ein echtes Lama

Nach einiger Zeit kommt uns auf dem breiten Karrenweg eine alte Frau mit Schafen, einigen Schweinen und ein paar Maultieren entgegen und schaut uns etwas verwundert an, da anscheinend sich nicht allzu oft Touristen hierher in diese herrliche Gegend etwas abseits von Copacabana verirren. Aber kaum möchte ich ein Foto von ihr und den Tieren machen, möchte auch sie einen Boliviano. Denn es herrscht der Aberglaube, dass man durch das Fotografieren von Frauen ihnen die Seele nimmt und sie sich daher, sobald man eine Kamera in der Hand hat, umdrehen oder sogar verstecken. Doch man kann ihnen ihre Seele wieder zurückgeben... indem man ihnen eben ein wenig Kleingeld gibt. Andere Länder andere Sitten! Kurz vor Sampaya treffen wir auf den Friedhof des Dorfes, anstatt von Kreuzen sind auf den Gräbern kleine Gebäude, die aussehen wie Hundhütten, davor vereinzelt ein paar Blumensträuße. Und gleich daneben befindet sich der Fußballplatz, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist weiß ich nicht zu beurteilen. Noch ein paar Schritte, und wir erreichen Sampaya, ein kleines verträumtes Dorf, das seinen Ursprung in der Inkazeit hat. Davon zeugen noch einige Gebäude, deren Mauern aus sauber aufeinander gesetzten Steinen bestehen, und auch ein bereits etwas verwachsener Abwasserkanal lässt auf die Inkas schließen. Zudem wird rund um das Dorf auf Hangterrassen Ackerbau betrieben, ebenfalls in Indiz dafür, dass früher schon die Inkas hier angesiedelt waren. Der Ort scheint wie ausgestorben zu sein, wir sehen und hören keine Menschen, doch plötzlich ein Rascheln, und um eine Hausecke kommt ein Lama auf uns zu.

Das farbenfrohe Wappen über der Eingangstür der Schule Die Ortschaft Sampaya liegt idyllisch eingebettet zwischen Hangterrassen und Eukalyptusbäumen

Wir sind alle sehr überrascht, denn es ist für die meisten von uns doch die erste Begegnung mit diesem zotteligen Kleinkamel der Anden, die hier in Höhen bis 5000m gehalten werden. Und wir sind erstaunt, wie zutraulich das Tier ist, es lässt sich sogar streicheln, und auch vom berühmten Spucken der Lamas keine Spur. (Das Lamas auch anders können sollte sich dann später während unserer Trekkingtour noch zeigen!) Es scheint, als ob es hier nur Tiere in diesem Ort gibt, denn auf der anderen Seite taucht ein brauner Esel auf, der uns ganz neugierig beobachtet und mustert, was wir denn hier wollen. Über dem Eingang der Schule entdecken wir ein wunderschönes farbenfrohes Wappen mit Symbolen, die typisch für Bolivien sind wie Lama, Condor, Getreideaehren, Sonne, Kokospalme, eine Kirche, aber auch Kanonen als Gedenken an die zahlreichen blutigen Kriege.

Bizarre Wolkenstimmung über Illampu und Ancohuma

Über viele Treppen verlassen wir langsam wieder das idyllische Sampaya Richtung Titicacasee, wandern auf schmalem Pfad, der sich durch die Terrassenanlagen schlängelt, stetig leicht bergab, wobei wir immer die 6000er Illampu und Ancohuma im Blickfeld haben. Über diesen beiden eisgepanzerten Gipfeln haben sich wieder bizarre Wolkenformationen gebildet, die mich an dramatische Föhnsituationen in den Alpen erinnern.

Endlich am kleinen Hafen von Sampaya angekommen wartet auch schon ein Boot mit unserem ganzen Gepäck an Bord darauf, uns zur Sonneninsel zu bringen, doch wir gönnen uns erstmal eine wohlverdiente Mittagsrast mit leckeren Snacks und genügend Flüssigkeit, ich kühle meine Füße im See und träume mit geschlossenen Augen vor mich hin. Doch bevor ich richtig wegnicke bittet Erich uns aufs Boot und wir starten die etwa 30 minütige Fahrt zu unserem Tagesziel, der Sonneninsel. Diesmal haben wir zum Glück ein etwas größeres und meines Erachtens auch sichereres Boot, falls wir wieder in einen Sturm kommen sollten. Doch zum Glück zeigt sich heute der See sehr zahm, wir können die Überfahrt sogar richtig genießen und unsere Wanderung nach Sampaya Revue passieren lassen, bevor wir mit der Sonneninsel ein neues Kapitel unserer Bolivienreise erleben.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis Bolivien