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Die Geschichte Maltas
Allein von der Lage her war die Inselgruppe, die relativ zentral im Mittelmeer liegt, schon seit der Frühzeit der Menschheitsgeschichte ein sehr gefragter Ort und damit gleichzeitig auch ein ewiger Streitpunkt. Die erste Hochkultur mit ihren prähistorischen Monumentalbauten liegt weitgehend im Dunkel, doch in späteren Jahrtausenden entwickelte sich Malta mehrmals zum entscheidenden Ort, an dem Weltgeschichte geschrieben wurde.
Noch heute erkennt man an der Bevölkerung die unterschiedlichen Einflüsse der Kulturen. Besonders das Arabische hat tiefe Spuren hinterlassen. Auch die Engländer, deren Kolonie Malta über lange Zeit war, haben die Inselgruppe geprägt, besonders was die Sprache und den Verkehr betrifft. Malta wurde erst relativ spät, nämlich in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, unabhängig und zum eigenständigen Staat.
Die Anfänge der Besiedlung von Malta
Historisch gesehen wurde Malta erst relativ spät besiedelt, zumindest ist das der aktuelle Stand der Erkenntnisse. Während im restlichen Europa der moderne Mensch schon seit zehntausenden von Jahren lebte, kamen die ersten Siedler etwa um das Jahr 7000 v. Chr. auf die Inseln. Archäologischen Funden nach wird davon ausgegangen, dass diese Menschen von Sizilien kamen. Bis etwa 5200 v. Chr. lebten sie in Höhlen und ernährten sich von Jagd, Fischfang und primitiver Landwirtschaft.
Danach kam eine erste Phase einer bemerkenswerten kulturellen Entwicklung, die ungefähr bis 3600 v. Chr. dauerte. In dieser Zeit entstanden erste Tempelanlagen aus riesigen Megalithen, die bis zu 60 Tonnen wogen, eine für die damalige Zeit fast unvorstellbare Leistung. Wenn man bedenkt, dass die Cheops-Pyramide und Stonehenge mehr als 1000 Jahre jünger sind, kann man vor den maltesischen Baumeistern nur den Hut ziehen. Reste dieser Anlagen sind z.B. noch in Tarxien, Mnajdra und Ggantija auf Gozo zu bewundern. Sie gelten als älteste frei stehende Großsteinarchitektur der Welt.
In der Zeit von 3600 bis etwa 3000 v. Chr. verstanden es die Baumeister, diese Architektur der Megalithen noch zu verfeinern. Es entstanden sogenannte „Doppelnieren-.Tempel“. Aus dieser Zeit stammt auch das wohl berühmteste Bauwerk Maltas, das unterirdische Hypogäum. Bis 2500 v. Chr. wurden die bestehenden Tempelanlagen hauptsächlich ausgebaut und ergänzt. Bemerkenswert ist, dass aus der Epoche dieser neolithischen Kultur bisher keinerlei Waffen gefunden wurden. So vermutet man, dass diese Kultur eine friedliche gewesen ist. Ob das Verschwinden der menschlichen Besiedlung um 2500 v. Chr. für etwa 500 Jahre mit dieser Wehrlosigkeit vor äußeren Feinden oder vielleicht mit einer Seuche oder Naturkatastrophe zusammen hängt, ist bisher völlig ungeklärt. Fakt ist, dass für diese 500 Jahre keine Besiedlung nachweisbar ist.
Malta von der Bronzezeit bis zu den Spaniern
Um das Jahr 2000 v. Chr. begann die neue Besiedlung der Inseln, wahrscheinlich wieder von Sizilien aus. Im Gegensatz zur ersten hatten die Menschen inzwischen das Metall entdeckt, mit Gegenständen aus Bronze konnten sie viel effektiver wirtschaften. Trotzdem wurden weder neue Tempelanlagen errichtet, noch die alten genutzt. Die Phönizier, die Handel im gesamten Mittelmeerraum trieben, kamen um 1000 v. Chr. nach Malta. Von ihnen stammt auch der Name der Insel und der heutigen Republik. Er geht auf das phönizische „Malet“ - Zufluchtsort - zurück. Auch die Bezeichnung für Hafen - Marsa - und die typischen Fischerboote mit den Augen der Osiris verdankt Malta den Phöniziern. Später übernahmen die Karthager - Verbündete der Phönizier - die Inseln, als Gegengewicht zu den mächtig gewordenen Griechen, die ihren Einfluss auf Sizilien ausgebaut hatten.
Rom als Weltreich - zumindest der damalig bekannten Welt - streckte seinen Arm natürlich auch nach der strategisch wichtigen Inselgruppe aus. Im Jahre 218 v. Chr., während des 2. Punischen Krieges, fiel Malta an Rom. Die Römer übernahmen alle Einrichtungen ihrer Vorgänger und erweiterten sie. Auch an Mdina als Hauptstadt wurde festgehalten. Allerdings hatten die Römer auch einen überaus schädlichen Einfluss auf die Inseln. Sie brauchten Unmengen Holz für ihre Galeeren, das sie u.a. durch rücksichtsloses Abholzen auf Malta gewannen. Bis heute leiden die Inseln unter diesem Raubbau. Für die Christianisierung der Inseln spielte ein Ereignis eine wichtige Rolle : Im Jahre 59 n. Chr. strandete der Apostel Paulus an der Küste Maltas, an der heutigen St. Paul´s Bay.
Um 870 kamen die Araber, die zu dieser Zeit ihren Einfluss gewaltig ausdehnen konnten. Wie auch anderswo brachten sie den von ihnen beherrschten Gebieten eine neue Blütezeit, sowohl kulturell als auch wirtschaftlich. Zu ihren „Mitbringseln“ zählen Zitrusfrüchte und Baumwolle, der Anbau auf Terrassenfeldern, die Bestattung der Toten auf Friedhöfen, die typischen Holzbalkone und noch vieles mehr. Als Hauptstadt wählten auch sie Mdina, das ausgebaut und von der Vorstadt Rabat getrennt wurde. Noch heute erinnern die Namen dieser Städte sowie viele andere Namen und die maltesische Sprache, die viele Wörter mit arabischen Wurzeln hat, an diese Epoche.
Diese Blütezeit endete mit dem Normannenkönig Roger I., der Malta 1090 eroberte. Nach dem Tod des letzten Königs der Normannen übernahmen die Staufer die Macht. Mit der Religionsfreiheit und der Gleichheit war es unter diesen Herrschern vorbei, die islamische Bevölkerung wurde benachteiligt und mit hohen Steuerabgaben belegt. Nach einem Aufstand wurden die Moslems ausgesiedelt oder christianisiert. Seitdem sind die Inseln nur noch römisch-katholisch. Nach einem kurzen Intermezzo mit französischer Herrschaft übernahmen die Spanier die Inseln.
Für die Malteser brachte das keinen Vorteil, im Gegenteil, die Spanier vergaben Malta als Lehen an den sizilianischen Adel, der die Inseln auspresste. Schließlich gelang es 1428 den Maltesern, ihr Land von der Lehens-Herrschaft freizukaufen. Ein großer Gewinn war das allerdings nicht, denn die nordafrikanischen Piraten, die von diesem Freikauf gehört hatten, wähnten große Schätze auf Malta und griffen die Inseln wiederholt an. Dabei wurden sie verwüstet, große Teile der Bevölkerung in die Sklaverei verschleppt. Spanien entwickelte sich - nicht zuletzt durch die Entdeckung Amerikas - zur Weltmacht, auf der anderen Seite rückten die Türken gegen Mitteleuropa vor und eroberten ein Land nach dem anderen. Malta lag genau dazwischen, und das an einer strategisch überaus bedeutenden Stelle.
Malta und der Johanniterorden
Rhodos, die griechische Insel, ging 1522 an die Türken verloren. Auf sie hatte sich der Johanniterorden nach seiner Vertreibung aus dem Heiligen Land zurück gezogen. Nun waren die Ritter heimatlos und irrten umher. Alle Versuche, von den Herrschern Europas ein Stück Land zu bekommen, schlugen 7 Jahre lang fehl. Schließlich überließ der spanische König dem Orden die Insel Malta. Dabei spielte weniger die Sympathie für den Orden eine Rolle, vielmehr hatten sie eigene Interessen im Auge. Spanien und das damals zum Königreich gehörende Sizilien wurden durch den Vormarsch der Türken gefährdet, so war Malta unter dem Orden ein gern gesehenes Bollwerk gegen die Muslime. Zwei „Kröten“ mussten die Ritter schlucken : Sie erhielten Tripoli dazu, das einzige christliche - und damit extrem gefährdete - Gebiet im islamisch beherrschten Nordafrika und zudem bekamen sie Malta nur als Lehen, konnten also jederzeit wieder daraus vertrieben werden. Auf das Lehen wurde von Spanien eine symbolische jährliche Zahlung gefordert, der berühmte „Malteser Falke“. Der spanische König erhielt Jahr für Jahr einen Falken aus Malta.
Für eine Abwehr der Türken war Malta jedoch schlecht gerüstet, es existierten lediglich drei Festungen - die alte Hauptstadt Mdina, das Fort San Elmo und die marode Bastion in Birgu. So gingen die Ritter als erstes an den Ausbau und Neubau der Befestigungen. Weil Birgu sie an ihre frühere Heimat Rhodos erinnerte, wählten sie den Ort als Hauptstadt. Der Ausbau der Befestigungen erwies sich als lebensnotwendig, denn 1551 überrannten die Türken Tripoli und 1565 griffen sie mit einem riesigen Heer Malta an. Lange Zeit stand es auf der Kippe und die eigentlich hoffnungslos unterlegenen Ordensritter standen kurz vor dem totalen Untergang. Doch Fehler der Türken, Kriegslisten der Ritter und viel Glück ließen die Ritter schließlich den Kampf bestehen und die Türken zum Rückzug zwingen.
Nach diesem Sieg stieg das Ansehen des Ordens in Europa gewaltig und es kamen von überall her Unterstützungsgelder für das christliche Bollwerk Malta. Auch mit Hilfe dieser Gelder wurde Valletta errichtet, die strategisch und städtebaulich gut geplante neue Hauptstadt. Der Orden war zu einem mächtigen und reichen Verein geworden, der nach einer kulturellen Blütezeit allmählich verfiel, besonders was die Sitten und den Kodex der Ritter betraf. Auch die Gelder von außerhalb wurden knapper, denn die katholischen Spanien und Portugal hatten ihre Vormachtstellung auf den Meeren eingebüßt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war der Tiefpunkt erreicht. Der Großmeister Manoel Pinto de Fonseca regierte wie ein absolutistischer Herrscher ohne Moral und Skrupel. Sein Nachfolger musste aus Geldmangel das Grundnahrungsmittel Brot versteuern, was zu einigem Aufruhr führte. Der nächste Großmeister Emmanuel de Rohan veranlasste Reformen, doch es war schon zu spät. Die Französische Revolution ging auch an Malta nicht vorbei. Napoleon Bonaparte kam 1798 auf seinem Ägyptenfeldzug auch nach Malta und forderte die Ritter zur Kapitulation auf. Aus den einstigen erfahrenen Kämpfern waren durch die Zeit des Verfalls „zahnlose Tiger“ geworden und so kapitulierten die Ritter rasch. Malta wurde von den Franzosen besetzt, die Ritter enteignet und als Staatsfeinde eingestuft. Das war das Ende der Herrschaft der Ordensritter auf Malta.
Malta - von der britischen Kolonie zur Republik
Lange Zeit konnten die Franzosen ihren Erfolg jedoch nicht genießen. Die Malteser probten den Aufstand und riefen Frankreichs Rivalen England zu Hilfe. Die Engländer unterstützten die Aufständischen von Malta, allerdings nicht, weil ihnen deren Freiheit am Herzen lag. Vielmehr hatten die eigene Interessen. Zuerst besetzten sie die Inseln, gaben sie jedoch offiziell an den Orden zurück. Doch die Ritter kehrten aus dem Exil in Russland in ihre Heimatländer zurück und lösten den Orden auf.
Im Jahre 1814 erhielt Malta den Status einer britischen Kolonie. Zwar gewährten die Briten den Bewohnern der Inseln mit einer eigenen Verfassung einige Rechte, z. B. eine gewisse Mitbestimmung, doch am Status änderte das nichts. Nach der Eröffnung des Suezkanals 1869 gewann Malta durch seine zentrale Lage im Mittelmeer noch mehr Bedeutung für Großbritannien. Damit ging auch ein wirtschaftlicher Aufbruch einher, die Bevölkerung Maltas verdoppelte sich und verschieden Großprojekte - wie der Ausbau des Grand Harbour - wurden in Angriff genommen.
Einen Einschnitt brachte auch hier der 1. Weltkrieg, als dessen Folgen die Preise, besonders auch für Brot, stiegen. Ein Aufstand wurde niedergeschlagen, doch 1921 erhielten die Inseln ein eigenes Parlament, das innenpolitische Dinge entscheiden durfte. Außenpolitische Entscheidungen fällten jedoch nach wie vor die Briten. Im 2. Weltkrieg hatte Malta als wichtige Station der Briten im Mittelmeer besonders zu leiden, Göring wollte Malta vernichten und ließ die Insel täglich bombardieren. Die Insel wurde zu einem der am schwersten bombardierten Gebiete. Valletta und die umliegenden Orte wurden zu 90% zerstört. Noch heute zeugen viele Denkmäler und Gedächtnisstätten auf Malta von diesen Ereignissen, doch glücklicherweise wurden die Orte wieder in alter Schönheit aufgebaut.
In einer Volksabstimmung 1955 entschieden sich die Malteser für einen direkten Anschluss an Großbritannien, doch die Briten lehnten das ab und wollten den Status quo beibehalten. So drehte die Stimmung, nun wurde die Unabhängigkeit gefordert. Über die Zwischenstation eines Autonomiestatus erhielt die Insel 1964 die Unabhängigkeit und wurde zu einem unabhängigen Mitglied des Commonwealth of Nations erklärt.
Der Start als neuer Staat begann jedoch mit Problemen, denn die Schließung des Suezkanals im Nahostkrieg 1967 machte den Inseln schwer zu schaffen. Die Arbeitslosigkeit stieg enorm und viele Malteser wanderten aus. Der neue Premierminister orientierte sich nun an den Ostblockstaaten und China, 1974 erfolgte der Austritt aus dem Commonwealth und die Ausrufung der „Republik of Malta“. Der Vertrag über die Stationierung britischer Truppen wurde gekündigt und gleichzeitig stieg der Einfluss von Libyen unter Ghaddafi.
Nach dem Sieg der Konservativen 1987 wurde die strikte Neutralität in der Verfassung verankert und gleichzeitig die Annäherung an die EU begonnen. Kurzzeitig sah es jedoch so aus, als sollte daraus nichts werden. Die Oppositionspartei kam 1996 an die Macht und stellte den Antrag auf Mitgliedschaft in der EU zurück. Bei vorzeitigen Neuwahlen 1998 verlor sie die Macht wieder, der Premier der nun wieder herrschenden MNP ließ 2003 ein Referendum durchführen, in dem sich Maltas Bevölkerung mit großer Mehrheit für den Beitritt zur EU aussprach. Nach der Mitgliedschaft in der EU trat Malta 2008 auch der Europäischen Währungsunion bei und führte den Euro ein. Im Gegensatz zu einigen anderen - besonders südlichen - Ländern war und ist Malta kein Sorgenkind der EU.
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Autor: Michael Nitzschke, Copyright: Patrick Wagner, www.urlaube.info
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